Rezension

Sehr heiß, aber wenig mehr

Loving Silver - M. S. Kelts

Loving Silver
von M. S. Kelts

Bewertet mit 3 Sternen

Für mich ist der Roman zu oberflächlich. Erotik ja, Liebe nein. Hätte auch als Kurzgeschichte gereicht.

Erster Satz:
Scheiße … ich kann mich kaum von seinem Bild losreißen.

 

Meinung:
Das Cover ist heiß. Ich finde es ziemlich gut gestaltet und es ist ein wahrer Blickfang.

Der Titel passt hervorragend und sticht gerade genug hervor, um Aufmerksamkeit zu erregen. Er passt sehr gut zur Geschichte, weil aus Michaels Sicht erzählt wird, wie er dem schwulen Pornostar Silver näher kommt.

Der Schreibstil ist... gewöhnungsbedürftig. Nicht schrecklich, aber häufig gnadenlos übertrieben, wodurch Michael nicht wie ein erwachsener Mann, sondern wie ein verliebter Teenie wirkt. Oder wie jemand, der ein reiner Gefühlsmensch und unbeherrscht ist. Es war bisweilen anstrengend, den Roman zu lesen. Außerdem gibt es Wiederholungen und Längen, die nicht nötig gewesen wären. Selbstverständlich gibt es auch wunderschöne Textstellen. Leider wurde, soweit ich das einschätzen kann, beim Lektorat ein wenig geschlampt, da mir Fehler und einfach unschöne Zeichensetzungen aufgefallen sind.

Die Idee ist sehr reizvoll. Wie soll ein Fan damit umgehen, wenn er seinem angehimmelten Star plötzlich nahe sein könnte? Besonders einem Mitglied der Pornoindustrie. Wenn sich die beiden dann auch noch verlieben, aber an völlig unterschiedlichen Orten leben? Wenn der eine offen schwul lebt, während der andere nicht geoutet ist? Konfliktpotential besitzt die Geschichte genügend, das wird hier deutlich. Leider wurde das nicht immer optimal ausgenutzt. Die ständigen Sexszenen haben auch die Spannung gelockert und die Konflikte behindert. Gibt es eine Regel, wie viele Seiten sich in einem Roman mit Sex beschäftigen müssen, damit er als Erotikroman zählt? „Loving Silver“ umfasst über 300 Seiten, von denen man 100 locker hätte streichen können. Der Sex ist natürlich vielseitig gestaltet. Leider nützt das nichts, wenn der Sexanteil zu groß ist. Ich hatte den Eindruck, nur von einer Sexszene in die nächste zu stolpern. Zwischendrin gab es dann noch ein wenig Handlung, aber der Sex stand immer im Vordergrund. Ein wenig, als hätte jemand seine homoerotischen Fantasien alle in einen Band quetschen wollen. Dabei ist die Grundidee doch so gut! Man hätte so viel Sex wirklich nicht gebraucht, um einen tollen Roman zu verfassen. Denn selbst wenn sie nicht gerade bei der Sache sind, denkt Michael daran oder darüber nach. Besonders wenn man bedenkt, dass der Unterschied zwischen Silver und seinem normalen Ich eine große Bedeutung in der Geschichte hat. Ich finde das sehr gut, aber wenn man zeigen möchte, dass der Pornodarsteller und sein privater Charakter unterschiedlich sind, sollte man nicht alles mit Sex und damit mit seinem Beruf verbinden. Das verwässert den Eindruck.
„Loving Silver“ hätte etwas Atemberaubendes werden können, doch durch den Sex kann man die Geschichte nicht so richtig ernst nehmen. Dabei habe ich nichts dagegen, erotische Szenen zu lesen! Sie sind durchaus gelungen. Aber wenn es alle paar Seiten eine gibt, langweilt mich das, egal, wie abwechslungsreich man das gestaltet. Ist es eigentlich normal, dass es richtige Erotikromane gibt? Ich kenne eher erotische Kurzgeschichtensammlungen. Da kann man die Spannung recht gut halten, weil die Geschichten unabhängig voneinander sind. Wenn man aber einen funktionierenden Roman schreiben möchte, finde ich Erotik als Hauptgenre ungeeignet. Nebenbei ja, Hauptteil nein. Es ist einfach nicht spannend und wertet den ganzen Akt herab. Dabei kann man damit so viel darstellen!

Ich liebe dich! Ich möchte es aussprechen, in sein Ohr flüstern, in seine Haut küssen, stattdessen bleibe ich stumm und klammere mich an ihn, wie ein Ertrinkender an den letzten Baum der Welt! - eBook, 45%, Position 4606

Michael ist ein netter Typ. Ein wenig unsicher, aber er macht sich. Außerdem ist sein Hobby wirklich toll und neuartig!
Silver bzw. Jamie ist ein versauter Kerl. Dass er gleichzeitig auch so anschmiegsam und liebesbedürftig ist, macht ihn besonders. Es hat sehr viel Spaß gemacht, ihn aus Michaels Augen zu betrachten!
Es gibt einige Nebencharaktere, die die Leben der beiden vervollständigen. Die meisten waren überaus sympathisch, da fragt man sich, was für ein Glück Jamie und Michael mit ihrem Umfeld haben! Die Schotten, Jamies Porno-Kumpels, aber auch Michaels Bruder...

Fazit: 3*
Du bist auf der Suche nach einem Erotikroman mit Homosexuellen? Dann ist „Loving Silver“ uneingeschränkt empfehlbar. Leider geht der Rest, der für mich spannende Teil, da etwas unter. Deswegen kann ich dem Buch nicht mehr Sterne geben, besonders wenn man den Schreibstil berücksichtigt.