Rezension

Sehr informativ!

Nelson Mandela - Christian Nürnberger, Stephan Kaußen

Nelson Mandela
von Christian Nürnberger Stephan Kaußen

Bewertet mit 4 Sternen

Im ersten Teil bringt uns Christian Nürnberger die Person Nelson Mandela näher. Wir erfahren woher Mandela kam, wo er aufgewachsen und was ihm wichtig war. Sehr interssant war für mich auch die Entwicklung, die Mandela durchgemacht hatte, vom Studenten bis zum Regierungschef. Ich konnte in den Beschreibungen einen charismatischen und starken Menschen erkennen, der nicht vor Gewalt zurückgeschreckt war, jedoch aber immer den Fokus auf ein gewaltfreies Miteinander gelegt hatte. Er war für die Gleichheit und die Freiheit aller.

 

"Nelson Mandela, der Befreier Südafrikas. Siebenundzwanzig Jahre hat er in Gefängnissen verbracht. Siebenundzwanzig Jahre hat er dor seinen Traum von der Befreiung der Schwarzen von weißer Vorherrschaft geträumt. Siebenundzwanzig Jahre hat er vom Gefängnis aus, scheinbar untätig, wesentlich zur Befreiung Südafrikas beigetragen. Und dann ist sein Traum in Erfüllung gegangen." (eBook Pos. 56)

Es ist für mich kaum zu glauben, wie ein Mensch diese lange Zeit eingesperrt sein konnte und danach dennoch erhobenen Hauptes, ungebrochen und mit erhaltener Würde an die Spitze einen Staates kommen und immernoch eine gewaltfreie Lösung des Konfliktes anstreben wollte und konnte. In dieser und auch anderer Hinsicht ist Mandela ein wahres Vorbild! 

Was durch die Apartheid in Südafrika passiert war, ist für mich kaum zu ertragen. Mir ist bewusst, dass es auch heute noch Diskriminierungen gibt, dort wie auch überall auf der Welt, dennoch ist diese Periode weltweit mit nichts zu vergleichen.

 

"Rassentrennung bedeutete darum keineswegs nur die geografisch-räumliche Trennung. Sie zielte auch auf eine soziale Blockade für Schwarze und war insgesamt ein System, das die Privilegien für Weiße sichern sollte. Vier Millionen Weiße unterdrückten fünfzehn Millionen Schwarze, beuteten sie aus, sperrten sie ein beraubten sie ihrer Rechte." (Pos. 182)

"Die Schwarzen sollten dauerhaft von Bildung und sozialem Aufstieg ausgeschlossen werden." (Pos. 182)

Christian Nürnberger erzählt in einem schön zu lesenden Schreibstil über das Leben und das Wirken von Rolihlahla Mandela, wie er eigentlich hieß. Sein Xhosa-Name Rolihlahla bedeutet Unruhestifter und dieser sollte er einmal werden. Bewundernswert, wie treffend seine Eltern seinen Namen gewählt haben! Den Namen Nelson, unter dem er bekannt und berühmt wurde, erhielt er auf dem privaten Internat Clarkebury, denn seinen afrikanischen Namen konnte dort kaum jemand aussprechen. Dieses Internat wurde 1825 von Methodisten gegründet und war eine der wenigen Möglichkeiten für Schwarze, eine gute Schulbildung zu erhalten, denn solche Schulen waren teuer und nur sehr wenige Schwarze waren in der Lage sich das leisten zu können.

Nelson Mandela wurde Mitglied des ANC, des African National Congress, der darauf hinwirkte und in 1951 die damalige Regierung aufforderte, die schrecklichen Apartheidsgesetzte aufzugeben, doch die Regierung lehnte ab. Traurigerweise unterstütze der Westen die Regierung Südafrikas und stellte sich in dieser Zeit hinter sie. 

Als Mandela 1960 in den Untergrund ging, um nun gewaltsamen Widerstand zu leisten, sagte er dazu:

">>Ich wusste, daß ich es tun musste. Es würde ein gefährliches Leben sein, und es würde mich fernhalten von meiner Familie, doch wenn einem Menschen verweigert wird, das Leben zu leben, an das er glaubt, bleibt ihm keine andere Wahl, als ein Gesetzloser zu werden.<<" (Pos. 272)

Dies berührte mich sehr! Es zeigt ganz deutlich auf, wie sehr sich Menschen nach Selbstbestimmung und Freiheit sehnen und wie weit sie gehen werden, um dieses Ziel zu erreichen. Auch wenn sie mit jeder Zelle ihres Körpers gegen Gewalt sind.

Im Februar 1990 wurde Mandela aus dem Gefängnis entlassen und für die Menschen in Südafrika und die politische Welt dort startete ein neues Kapitel. Bis zum 05. Dezember 2013 als Nelson Mandela im Alter von 95 Jahren in Johannesburg starb. 

Im anschließenden zweiten Teil versucht Stephan Kaußen das Land Südafrika näher zu beleuchten - damals und heute. 

"Aus der Rebellion konnte die Freiheit erwachsen, aus der Freiheit die Demokratie. Doch was ist dann daraus geworden? Wie sehr hat sich Südafrika grundlegend verändert? Wie darf und muss man die Lage heute einschätzen? Auch übrigens im Vergleich zu anderen Staaten, die ähnliche Prozesse durchlaufen haben?" (Pos. 418)

Er zeigt auf, wie emotional dieses Südafrika ist und wie viele Gegensätze gleichzeitig im innerne wirken. Durch Kaußen ist mir bewusst geworden, wie unglaublich diese friedliche Revolution vonstatten gegangen war, obwohl jederzeit ein Bürgerkrieg hätte ausbrechen können und wie Mandela durch sein "Madiba Magic" über die Zeit ein Präsident aller Südafrikaner wurde. Nelson Mandela schaffte es durch seine Ausstrahlung, Lässigkeit und Faszination für den Sport, viele unterschiedliche Menschen auf eine Art zu "versöhnen", zumindest eine "Akzeptanz", "Einheit" herbeizuführen. 

Durch diesen zweiten Teil lernte ich, wie die gesamtpolitische Lage der Welt in der damaligen Zeit auf Südafrika und das politische Leben dort eingewirkt und was der "Kalte Krieg" und der Zusammenbruch der Sowjetunion damit zu tun hatten. Ich lernte was ein "window of opportunity" ist und wie damit Weltgeschichte geschrieben wurde.

Stephan Kaußen stellt aber auch fest:

"Die Weißen haben zwar ihre Alleinherrschaft über das Land verloren, nicht aber ihr Land. Nicht ihren Wohlstand, nicht ihren Besitz, nicht ihren Einfluss. Politisch wird das neue Südafrika zwar vom mehrheitlich schwarzen ANC geleitet. Aber beherrscht?" (Pos. 728)

Das heutige Südafrika erfährt eine Abwanderung seiner Weißen Bevöklerung, die sich zwar genauso als Südafrikaner sehen, aber in ihrer einstigen Heimat nicht mehr richtig wohlfühlen. 
Mandelas Nachfolger verwalten sein politisches Erbe leider nicht immer in seinem Sinne, politisches Klüngel und Vetternwirtschaft nimmt wieder überhand. Das Land konnte damals nicht auf alle alten "Funktionseliten" verzichten, da nicht mit ausschließlich unerfahrenen und unbelasteten Leuten regiert werden konnte und so behielt man auch vorbelastete Politiker. Doch dies schuf natürlich Reibunspunkte, da nun Menschen zusammenarbeiten mussten, die sich ideologisch fremd und sich als Schwarze und Weiße noch nie auf Augenhöhe begegnet waren. 

Eine der vielen Feststellungen von Stephan Kaußen, warum das heutige Südafrika sich nicht stärker (nach vorne) entwickelt hat, nimmt Bezug auf die Bildung:

"Das neue Südafrika hat es versäumt, genug von den partiell oben gelobten Bildungsgrundlagen des alten Systems nun allen zu öffnen und zur Verfügung zu stellen." (Pos. 1256)

Denn, "Nur wer gut gebildet ist und zumindest kleinste sozioökonomische Zusammenhänge versteht, kann sich entwickeln" (Pos. 1256)

Und so wünsche ich mir, dass Südafrika und seine Bevölkerung irgendwann wieder die Kurve kriegen und nicht in der Situation verharren, dass sie sich nach Mandela verloren fühlen. Er hat ihnen einen Weg gezeigt und vorgelebt, ihnen Freiheit gegeben und den Ausblick auf ein Miteinander. Südafrika sollte wieder auf diesen Weg zurückkehren und zum Vorbild für ganz Afrika werden. 

Der zweite Teil ist nicht ganz so einfach und flüssig lesbar, wie der erste. Hier gibt es viel Ursachenforschung , Vergleiche, Auswertung von politischen und historischen Einflüssen, die viele Informationen auf einmal liefern. Zudem lag mir Kaußens Schreibstil nicht ganz so. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich mich eingelesen habe.  

Fazit:
Insgesamt ist dies aber ein fantastisches Buch, für das ich eine absolute Leseempfehlung gebe! Es ist kein Buch für Jugendliche von 13 bis 15, wie von Verlag beschrieben, umso mehr aber für geschichtlich und politisch Interessierte ab 16 Jahren und für so Leser wie mich, die ihre Wissenslücke über Südafrika schließen möchten und schon immer mehr über die schillernde Figur Nelson Mandela und sein Geburtsland erfahren wollten.