Rezension

Sei vorsichtig mit deinen Wünschen

Das geträumte Land - Imbolo Mbue

Das geträumte Land
von Imbolo Mbue

Bewertet mit 4 Sternen

Jende Jonga ist endlich in Amerika, dem Land der ungeahnten Möglichkeiten, dem Land, in dem es jedem der arbeitet gut geht, in der Leistung und nicht die Herkunft alles bestimmt. Jeder kann ein amerikanischer „Jemand“ werden.  Doch bald wird er merken, dass die Flucht vor der Perspektivlosigkeit in Kamerun nicht zwangsläufig geradlinig verläuft, wenn überhaupt.  Die Familie Edwards hingegen scheint alles zu haben, was man sich nur wünschen kann, aber auch da herrscht nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen.

Der Beginn war für mich etwas schwierig. Zwar wird man mitten ins Geschehen geworfen und nicht mit endlosen „Einführungen“ konfrontiert, aber dadurch hatte ich das Gefühl, dass mir irgendwelche Infos fehlen. Das Gefühl war falsch, wie sich nach ca. 50 Seiten zeigte. Ab da war ich sehr gut in der Geschichte und fand es total spannend die Entwicklungen der beiden so ungleichen Ehepaare zu verfolgen. Da ist einerseits das Paar, welches scheinbar alles hat. Genug Geld, Erfolg, gesunde und glückliche Kinder und eine gute Ehe – aber weit gefehlt. Auf der anderen Seite ist das Paar Jonga, welches nach Amerika kam, um eine gute Zukunft zu haben, die sie in Kamerun nicht haben würden. Jetzt leben sie beengt in einer von Kakerlaken besiedelten Wohnung in Harlem, arbeiten ohne Ende und müssen um ihre Papiere bangen und dann kommt die Lehmann-Pleite, die die Wirtschaft bekanntermaßen ziemlich anschlägt. Die Entwicklungen sind sehr gut dargestellt, ebenso die kulturellen Unterschiede. Der amerikanische Traum und die knallharte Realität werden bis in die Wurzeln analysiert und es bereitete mir Freude zu sehen, wie tiefgehend die Autorin sich dem Thema zugewendet hat. Ebenfalls genial dargestellt sind die Klassen- Zugehörigkeitsmerkmale, sowie der Umgang mit Migranten.

Der Schreibstil ist flüssig und hat mich – bis auf die Anfangsszenen – sehr gut unterhalten können. Die Autorin schafft es, dass man jeden Charakter zeitweise nicht mag, sein Tun nicht nachvollziehbar findet und man trotzdem für ihn das Beste hofft. Sie schreibt unheimlich authentisch und offen, dass es wirklich beeindruckend fernab dessen ist, was ich sonst so zum Thema gelesen habe.

Überzeugt hat mich auch das Ende, weil ich ein schnulziges Happy End befürchtet hatte, aber es überrascht dann doch auf positive Art. Es ist keine typische Einwanderungsgeschichte, sondern ein kritischer Gesellschaftsroman, der Amerika und Kamerun auf Herz und Nieren prüft und daher wirklich lesenswert ist!