Rezension

Sei wer du bist

DUMPLIN' - Julie Murphy

DUMPLIN'
von Julie Murphy

Bewertet mit 4 Sternen

Willowdean hat sich immer wohlgefühlt. Zwar ist sie dick, hat sich davon aber niemals einschüchtern lassen. Auch wenn sie ihre Mutter stets liebevoll Dumplin' - Knödel - nennt, ihr Leibesumfang hat ihr nie etwas ausgemacht. Doch dann lernt sie den attraktiven Bo kennen und zum ersten Mal wäre es ihr lieber schlank zu sein. 

Dumplin' alias Will ist ein dicker Teenager, der sich nie daran gestört hat etwas voluminöser zu sein. Sie hat sich nie für ihren Körper geschämt und war damit zufrieden. Als der hübsche Bo heimlich um sie wirbt, wird Will bewusst, dass sie sich doch nicht so wohlfühlt. Liegt es an ihr? Sind die anderen bzw. die Gesellschaft daran schuld? Um sich und der Welt zu beweisen, dass Schönheit relativ ist, beschließt sie am  „Miss Teen Blue Bonnet“-Schönheitswettbewerb teilzunehmen. Und zieht damit einen Rattenschwanz hinter sich her ...

Dumplin' erzählt ihre Geschichte direkt an den Leser gewandt. Anhand der Ich-Perspektive lernt man das dralle Mädchen kennen und schließt sie sofort ins Herz. Sie ist ein interessanter Charakter, der mit sich und ihren Vorstellungen von sich kämpft. Dabei kommt sie nicht ohne Ecken und Kanten aus, weil sie auch verletzend sein kann. Beispielsweise indem sie ihrer besten (und schlanken!) Freundin verwehrt, sich ebenfalls zur Wahl der "Miss Teen Blue Bonnet" zu stellen.

Ich habe Willowdeans Entschlusskraft bewundert. Sie hat sich bewusst dazu entschieden, sie selbst zu sein und sich für niemanden zu verbiegen. Das fällt ihr zwar manchmal schwer, dennoch hält sie daran fest.

Eine weitere wichtige Rolle nimmt Willowdeans Mutter ein. Diese hat selbst einmal die Krone der "Miss Teen Blue Bonnet" getragen und ihr Leben seither dem Schönheitswettbewerb als Obfrau verschrieben. Sie richtet ihn jährlich aus und hat darin sozusagen ihren Zweck gefunden.

Die Handlung ist alles andere als Klischee. Es ist jetzt nicht so, dass Willowdean abzunehmen beginnt und als strahlender Schwan am Ende mit dem Schönheitswettbewerb-Krönchen eine Runde über den See plätschert. Es geht eher darum, dass jeder mit sich selbst unzufrieden ist und wir Akzeptanz von anderen aber auch von uns selbst brauchen, um glücklich zu sein. So spielen viele weitere Nebenfiguren in die Handlung rein, die allesamt durch offensichtliche Makel - seien es ein kürzeres Bein, ein Pferdegebiss oder auch das Leben als Transvestit - vor allem ihre individuelle Perfektion hervorheben. Die klare Botschaft ist für mich: Egal, wie du aussiehst, wer du bist oder woher du kommst, zuerst musst du dich selbst lieben bevor du es anderen zugestehen kannst. 

Der Handlungsverlauf war schön, gut und logisch aufgebaut. Einzig, manchmal ist es mir ein bisschen zu lasch vorgekommen. Eine Prise mehr Action hätte der Geschichte meiner Ansicht nach gut getan. 

Stilistisch und dramaturgisch fand ich die Geschichte allerdings einwandfrei. Man begleitet Will, wie sie zu sich selbst findet, folgt ihren Gedankengängen und setzt sich mit ihren Ängsten, Wünschen und Sorgen auseinander. Sie lernt, sich selbst zu akzeptieren, auch wenn es ihr meistens Probleme bereitet. Außerdem erkennt sie, dass auch alle anderen nicht komplett zufrieden mit sich sind. 

Für mich ist „Dumplin': Go Big or Go Home“ eine schöne Geschichte für zwischendurch, die Äußerlichkeiten thematisiert, die in Wirklichkeit nicht wichtig sind, und die wohl häufig überbewertet werden.