Rezension

Seitenlange Selbstmitleidsmonologe - die Autorin hat es sich zu einfach gemacht

Die Tribute von Panem 3. Flammender Zorn - Suzanne Collins

Die Tribute von Panem 3. Flammender Zorn
von Suzanne Collins

Klappentext:
Schwer verletzt wurde Katniss von den Rebellen befreit und in Distrikt 13 gebracht. Doch ihre einzige Sorge gilt Peeta, der dem Kapitol in die Hände gefallen ist. Die Regierung setzt alle daran, seinen Willen zu brechen, um ihn als Waffe gegen die Rebellen einsetzen zu können. Gale hingegen kämpft weiterhin an der Seite der Aufständischen, und das, zu Katniss' Schrecken, ohne Rücksicht auf Verluste. Als sie merkt, dass auch die Rebellen versuchen, sie für ihre Ziele zu missbrauchen, wird ihr klar, dass sie alle nur Figuren in einem perfiden Spiel sind. Es scheint ihr fast unmöglich, die zu schützen, die sie liebt …

Einordnung:
- Tödliche Spiele (Teil 1) 
- Gefährliche Liebe (Teil 2) 
- Flammender Zorn (Teil 3)

Rezension:
Kann Spoiler bezüglich der ersten beiden Teile enthalten!
Katniss hat es zu den Rebellen in Distrikt 13 geschafft. Doch obwohl ihr Leben dort nicht unmittelbar bedroht ist, ist die Situation dort kaum besser. Zum Teil mag die eiserne Disziplin daran liegen, dass die Rebellen seit Generationen unter der Erde leben und mit ihren Mitteln haushalten müssen, um zu überleben. Andererseits sind einige Regeln wirklich deutlich überzogen. Es scheint als würde Präsidentin Coin kein Volk, sondern eine Armee anführen, die aus Männern, Frauen, Kindern und sogar den Alten besteht. Ich war wirklich geschockt über die Zustände, die dort herrschen. Wenn jemand ausgepeitscht wird, nur weil er ein Stück Brot gestohlen hat, dann habe ich mich wirklich gefragt, ob ein Sieg der Rebellen über Präsident Snow eine Erleichterung für das Volk von Panem bringen würde. Die Spannung dieses Buches entsteht also nicht bloß durch den Kampf der Rebellen gegen das Kapitol, sondern auch dadurch, dass Präsidentin Coin lange Zeit undurchschaubar bleibt.
Enttäuschend finde ich allerdings, dass immer wieder nur nebensächliche Szenen ausführlich beschrieben sind. Die Handlung wäre an vielen Stellen bedeutend spannender, wenn Katniss selbst dabei wäre und nicht bloß Schilderungen von anderen Personen hören würde. Doch sie verbringt fast das gesamte Buch auf der Krankenstation, weil sie ständig Verletzungen oder psychische Zusammenbrüche hat. Natürlich muss es ein heftiges Trauma auslösen, zweimal in der Arena stehen und Kinder und Freunde töten zu müssen, aber die meisten anderen überlebenden Tribute halten sich deutlich besser. Und immer, wenn Katniss psychisch endlich halbwegs stabil ist, liegt sie mit Schusswunden, Knochenbrüchen oder anderen Verletzungen wieder auf der Krankenstation, mit so viel Schmerzmittel im Blut, dass sie manchmal tagelang bewusstlos ist. Als Symbol der Revolution ist es nur natürlich, dass Mordanschläge auf sie verübt werden, aber wenn sich nur halb so viele Seiten mit ihrem schlechten physischen und psychischen Zustand beschäftigt hätten, wäre die Handlung deutlich spannender ausgefallen. Doch bei allen spannenden, entscheidenden Schlachten ist sie nicht dabei, sodass der Leser nur im Nachhinein kurze Zusammenfassungen durch andere Personen bekommt.
Während der Therapeut bei Katniss‘ Sitzungen bloß schläft, wird Peetas Zustand ausführlicher beschrieben. Dieser Teil der Geschichte ist wirklich interessant, da die angewandte Möglichkeit, seinen Willen zu brechen, im realen Leben tatsächlich funktioniert. Für die meisten Leser mag es nebensächlich sein, aber ich habe immer mitgefiebert, ob ihnen wohl einfällt, wie sie ihm helfen können.
Generell stehe ich dem Buch immer noch ein bisschen zwiespältig gegenüber. Es ist mit Sicherheit nicht schlecht, aber die Spannung bricht jedes Mal ab, wenn Katniss wieder auf der Krankenstation landet, viele Charaktere, insbesondere Prim und Gale, haben mich ziemlich enttäuscht und das große Finale ist überhaupt nicht spektakulär. Die Handlung geht kaum voran, unglaublich viele Szenen dienen offenbar nur dazu, noch mehr Charaktere sterben zu lassen. Im Laufe der Zeit versinkt fast alles in Katniss‘ zunächst sympathischem, später eher nervenaufreibendem Selbstmitleidsstrudel. Zwei Wochen, nachdem ich das Buch beendet habe, ist kaum etwas hängen geblieben neben meinem entsetzten Staunen über die Radikalität der Rebellen und der Anspannung wegen der Ungewissheit, wie Panem aussehen würde, sollten die Rebellen über Präsident Snow siegen.

Fazit:
Weniger Verletzungen hätten dem Buch gut getan. Es wurmt mich, dass Suzanne Collins es sich leicht gemacht und Katniss während großer und entscheidender Schlachten in die Bewusstlosigkeit oder die Krankenstation gesteckt hat. Die Hälfte der Spannung geht dadurch verloren. Einzig durch die Tatsache, dass mir Rebellenpräsidentin Coin nicht geheuer ist und ich mir manchmal nicht sicher war, ob ich den Rebellen tatsächlich die Daumen drücken soll und wie es weiter gehen würde, sorgt überhaupt für ein bisschen Spannung. Dass so viele Leute heimliche ihre Pläne schmieden, in denen Katniss immer unwissentlich die Hauptrolle spielen soll, ist positiv, ihre seitenlangen Selbstmitleidsmonologe in diversen Krankenbetten dagegen negativ nervenaufreibend. Dieses Buch ist wirklich nicht der fulminante Abschluss, auf den ich gehofft habe. „Die Tribute von Panem – Flammender Zorn“ bekommt leider nur drei Schreibfedern.