Rezension

Diese Rezension enthält Spoiler. Klicken, um alle Spoiler auf dieser Seite lesbar zu schalten.

Shantaram 2.0

Im Schatten des Berges
von Gregory D. Roberts

Bewertet mit 3.5 Sternen

Wie stellt man sich Bombay vor? Lautig, emsig, dreckig - und was ist mit der Krminalität? Die war in meiner Vorstellung zwar vorhanden, aber Gregory David Roberts hat ihr in seinem Buch nochmal einen gehörigen Schub gegeben. Zumindest enststeht in "Im Schatten des Berges" der EIndruck, dass es dort nur so von Clan-Kämpfen wimmelt und man dort nicht sicher ist - Touri oder nicht.

Im ersten Drittel hat mich die Story um den Urkundenfälscher Lin sehr in ihren Bann gezogen. Sein Leben, aber auch die Offenheit vieler Menschen haben mich fasziniert. Mit den richtigen Scheinchen und Lins Kontakten kann man alles erreichen. Auch Lisa scheint das zu wissen, sie kennt aber auch die Gefahr dahinter und damit kann sie nicht leben. Doch die Familie auf der Suche nach einem Schatz, die Zwillinge, die mit einem "Schicksalsschlag" klarkommen müssen und Naveen stehen hinter Lin und unterstützen ihn. Besonders nachdem er den Entschluss gefasst hat, aus dem Clan auszutreten, erfährt er hier viel Unterstützung. Die ersten knapp vierhundert Seiten flogen nur so, doch dann kamen Karla und Idriss ins Spiel.

Auch wenn die Dialoge mit und um Idriss interessant waren, haben sie die Geschichte doch sehr in die Länge gezogen. Seitenweise philosophische Diskussionen um "Gut und Böse", "Positiv und Negativ" oder "Komplex und Kompetent" passen nicht in eine Welt, in der der Protagonist auf seinen Tod durch Feinde wartet. Karla macht dann aus dem gestandenen Gangster einen willenlosen Mann, nur ein Blick in ihre Augen und sein einziger Wunsch ist eine Zukunft mit Karla. Inwieweit das alles Fiktion oder Realität ist, vermag ich nicht zu sagen, würde ich aber gerne mal wissen. Denn die Liebesgeschichte wirkt eingegliedert, aber nicht eingwebt, passt nicht in das Gesamtbild. Dass Karla Lin dann anscheinend intelektuell auch noch haushoch überlegen ist, macht die Sache nicht besser.

Lisa war mir ein sehr unsympathischer Charakter, ich bin mit ihr nicht warm geworden. Diva hingegen mochte ich trotz ihrer kratzbürstigen Art von Anfang an. Eigentlich merkwürdig, da Lisa ja eine allseits beliebte Person ist, Diva hingegen eher speziell. Naveen und Didier gehörten auch zu denen, deren Passagen ich herbeigesehnt habe.

Trotz fast eintausend Seiten liess sich das Buch recht angenehm lesen, was wohl auf den guten Schreibstil zurückzuführen ist. Auch optisch wirkt die Story durch die vielen Gespräche locker und luftig, nicht wuchtig. Hier wurde nur am Anfang und am Ende eines jeden Kapitels mit "großen" Blockabschnitten gearbeitet, die einen fast schon philosophischen Aus- und Rückblick geben. Auch wenn ich denVorgänger nicht gelesen habe, konnte ich sehr gut in die Geschichte einsteigen und hatte keinerlei Probleme. Höchstens die Handlung um Karla könnte der Vorgeschichte bedürfen, aber die hat mich nicht brennend interessiert und ich war mit den Brocken zufrieden, die mir hingeworfen wurden.

Obwohl ich eigentlich schnell lese, fand ich die drei Wochen Lesezeit für die Leserunde viel zu knapp. Auch die Abschnitte waren leider zu lang bemessen, was es fast unmöglich machte, am Ende eines Abschnitts trotz Notizen alles wiederzugeben. Leider ging hier auch viel Diskussionspotential verloren, die Abschnitte auf dem Berg zum Beispiel hätten sich gut dafür geeignet.

Gerade die Gespräche mit Idriss geben eine Menge Input und regen zum Nachdenken an. Deswegen und wegen des wirklich guten Eintiegs gibt es drei Sterne, einen halben noch für den gut lesbaren Schreibstil. Gefesselt hat mich das Buch leider nicht.