Rezension

Sind wir nicht alle ein bisschen Mängelexemplar?

Ein halbes Jahr zum Glück - Julie Lawson Timmer

Ein halbes Jahr zum Glück
von Julie Lawson Timmer

Bewertet mit 3 Sternen

„Ein halbes Jahr zum Glück“ ist der dritte ins Deutsche übersetzte Roman der Autorin Julie Lawson Timmer. Für mich war es der erste Roman von ihr.

Es geht in dem Buch um die Mittvierzigerin Markie Bryant, die frisch geschieden von ihrem untreuen Ex-Mann Kyle mit ihrem 14jährigen Sohn Jesse in einen heruntergekommenen Vorort zieht, um den mit der Scheidung einher gehenden sozialen Abstieg zu verdauen, indem sie sich zurückzieht und gehen lässt. Sie hat diese Rechnung allerdings nicht mit ihrer neuen Nachbarin Angeline St. Denis, genannt Mrs. Saint, gemacht, einer übergriffigen alten Dame mit französischem Akzent, die sich in alles einmischt und nicht zuletzt auch Markie zu ihrem Glück zwingen will. Diese will das aber partout nicht zulassen. Kann die alte Frau sie überzeugen?

Das Buch ist nicht das, was es zu sein scheint. Am Ende steht man etwas ratlos da und fragt sich, was man denken und fühlen, wie man die Geschichte einordnen und bewerten soll. In den ersten beiden Dritteln plätschert die Geschichte vor sich hin und wirft unzählige Fragen auf, die zwar im letzten Drittel beantwortet werden, den Leser aber dennoch unzufrieden zurücklassen. Es kommen zahlreiche Themen ins Spiel, die man anhand des Klappentextes nicht unbedingt erwartet hätte, so zum Beispiel der zweite Weltkrieg in Europa und die Judenverfolgung, Jugendkriminalität und Drogenabhängigkeit. Das ist per se nicht schlecht, sprengt aber meines Erachtens den Rahmen der Geschichte. Und den Begriff der „Mängelexemplare“, mit dem Mrs. Saint verlorene Existenzen betitelt, finde ich ziemlich grenzwertig, auch wenn er sich auf banale menschliche Schwächen bezieht und nicht so abwertend, wie es auf den ersten Blick scheint.

Ich habe das Ganze als Nullsummenspiel empfunden. Daher bewerte ich es auch im Mittelfeld.