Rezension

Skandalträchtiges Kunstgewerbe!

Falsche Bilder - Echtes Geld - Stefan Koldehoff, Tobias Timm

Falsche Bilder - Echtes Geld
von Stefan Koldehoff Tobias Timm

Wussten Sie, dass circa 30 Prozent aller Kunstwerke Fälschungen sind?

Wir schreiben das Jahr 2010. Wolfgang Beltracchi steht wegen Kunstfälschung vor Gericht. Die Medien überschlagen sich, denn hier wurde einer der größten Kunstskandale aller Zeiten aufgedeckt. Über 30 Jahre lang hatte Beltracchi Kunsthändler auf der ganzen Welt mit kostbarer Ware beliefert. Das Ganze ist ein Betrug von bisher ungekanntem Ausmaß, ein riesiges kriminelles Netzwerk aus (hochprofessionellen) Fälschern, Gutachtern, Kuratoren und Auktionshäusern, die ihre ahnungslosen Kunden hinters Licht führten. Licht ins Dunkel bringen Tobias Timm und Stefan Koldehoff mit “Falsche Bilder, echtes Geld”.

Tatsächlich ist bis heute unklar, wie viele gefälschte Bilder in Umlauf gerieten und wie hoch der Schaden insgesamt beträgt. Ebenfalls Teil des Skandals ist aber auch die Gerichtsverhandlung selbst: Nach nur neun Verhandlungstagen endet der Prozess mit einem Vergleich. So scheint es, dass die beteiligten Ankläger aus dem Kunstgewerbe kein Interesse daran hatten, die anscheinend allgemein kriminellen Strukturen des internationalen Kunsthandels an die Öffentlichkeit geraten zu lassen.

Stefan Koldehoff (Kulturredakteur beim Deutschlandfunk; wurde für seine Recherchen mit dem puk-Journalistenpreis des Deutschen Kulturrats ausgezeichnet) und Tobias Timm (Ethnologe und Kulturwissenschaftler; schreibt für das Feuilleton der ZEIT) geben mit kriminalistischer Präzision die Fakten wider und eröffnen dem Leser einen Abgrund aus Lügen und Vertuschungen. Die Autoren nennen dabei viele Namen, die in der Kunstszene durchaus einen guten Klang haben – nach wie vor. Denn die Geschäfte laufen weiterhin prächtig, der Kunsthandel will am liebsten schnell Gras über die Geschichte wachsen lassen. Auch dies ist, Jahre nach dem Gerichtsurteil, ebenfalls noch Teil des Skandals.

Ein sehr informatives Buch, das mit hervorragender Recherchearbeit besticht. Spannend wie ein Krimi, atemberaubend und was das Kunstgewerbe betrifft, absolut desillusionierend.