Rezension

Skandinavisches Viertel

Skandinavisches Viertel - Torsten Schulz

Skandinavisches Viertel
von Torsten Schulz

Bewertet mit 3 Sternen

Einst ist Matthias Weber als Teenie durch die Straßen des Skandinavischen Viertels gestreift, diesem kleinen Ostberliner Viertel in Sichtnähe der Mauer. Auch als Erwachsener fühlt er sich dem Viertel verbunden, arbeitet dort als Makler, wohnt in der Wohnung, die einst den Großeltern gehörte. Viel hat sich dort geändert, genau wie in Matthias‘ Familie.

Torsten Schulz springt in seinem Roman immer wieder zwischen Heute und den 70er Jahren hin und her. Trotzdem ergibt sich so ein flüssiges großes Ganzes, erst durch die Vergangenheit kann man das Heute der Weberfamilie und mit ihr Matthias verstehen. Bei den Webers gibt es viel Ungesagtes, Totschweigen scheint für die meisten Familienmitglieder immer die bevorzugte Verhaltensweise zu sein. Die Beziehungen untereinander kann man als Leser erst mit der Zeit durchschauen. Durch diese langsame Entfaltung entsteht auch eine Art Spannung, manchmal hätte ich mir jedoch etwas mehr Tempo gewünscht. Man kann gut nachvollziehen, warum Matthias heute so ist wie er eben ist, nach außen hin wirkt er sehr erfolgreich, nach einiger Zeit schleicht sich bei mir aber doch der Verdacht ein, dass er a) kein glücklicher Mensch ist und b) auch kein sehr erfolgreicher. Ich stand ihm die ganze Zeit sehr neutral gegenüber, wirklich nahe konnte ich dieser Hauptfigur nicht kommen. Leider versäumt es der Autor ein wenig, einem das von Matthias heißgeliebte Viertel etwas näher zu bringen, abgesehen von vielen Straßennamen hat sich bei mir kein Berlin-feeling eingestellt, weder fürs Skandinavische noch für sonst ein Viertel. Der Ton ist der Handlung angepasst, irgendwo zwischen verloren und etwas traurig bis hin zu erstaunlich heiterer Stimmung. So richtig hat mich das Buch nicht abgeholt, auch wenn ich einige Passagen sehr gerne gelesen habe.