Rezension

Skurril und surreal

Das Leben der Wünsche - Thomas Glavinic

Das Leben der Wünsche
von Thomas Glavinic

Bewertet mit 3 Sternen

„Das Leben der Wünsche“ ist ein Roman von Thomas Glavinic, welcher im April 2011 im Deutschen Taschenbuch Verlag erschienen ist. Es handelt sich um den zweiten Band der Jonas-Reihe.

Erzählt wird die Lebensgeschichte von Jonas. Er ist verheiratet, Vater zweier Kinder, Werbetexter von Beruf und führt eigentlich ein ganz normales Leben. Eigentlich. Denn obwohl er jederzeit behaupten würde seine Frau zu lieben, unterhält er eine ziemlich rege aussereheliche Beziehung, die immer mehr Raum in seinem Handeln und Denken einnimmt.

Eines Tages macht ihm ein völlig unbekannter Mann das Angebot, dass er ihm drei Wünsche erfüllen wird. Aber es müssen Wünsche sein, die er sich wirklich und wahrhaftig aus tiefstem Herzen wünscht. Jonas hält das zuerst für ausgemachten Blödsinn, stellt aber recht schnell fest, dass es fortan zu erheblichen, teils sehr dramatischen Veränderungen in seinem Leben und zu diversen Merkwürdigkeiten in seinem direkten Umfeld kommt. Sollte es also wirklich möglich sein, dass seine Wünsche in Erfüllung gehen?

Thomas Glavinic hat mit „Das Leben der Wünsche“ zweifelsfrei einen Roman geschrieben, der die Leserschaft spaltet. Was sich sehr schön anhand der vielen, sehr unterschiedlichen Rezensionen und Meinungen erkennen lässt. Und genau diese Tatsache hat mich neugierig zu diesem Buch greifen lassen.

Der Schreibstil ist in der Tat etwas gewöhnungsbedürftig. Das konsequente Weglassen von Anführungszeichen bei Dialogen zum Beispiel …. und davon kommen eine Menge vor …. scheint im ersten Moment dazu beizutragen, dass es unübersichtlich wirkt. Dies fällt jedoch nach der Einlesephase nicht mehr wirklich ins Gewicht.

Viel mehr gestört hat mich, dass so viele Fragen, die in der Geschichte aufgeworfen wurden, am Ende nicht beantwortet werden. Es passiert nur sehr selten, dass ich nach Beendigung einer Lektüre nicht genau weiß, was genau mir eigentlich der Autor vermitteln wollte. Thomas Glavinic ist es gelungen, mir dieses Fragezeichen ins Gesicht zu projizieren.

Zu Jonas, dem Protagonisten dieser Geschichte, fand ich nicht so recht Zugang. Trotz der wirklich dramatischen Geschehnisse, die sein Leben gehörig ins Wanken bringen, wirkt er erstaunlich flach und farblos auf mich. Sein Leben erscheint lediglich als eine Aneinanderreihung von Zufällen, Taten und Geschehnissen, durch die es sich tagtäglich zu wurschteln gilt. Ebenso erging es mir als Leser: Etwas zu vollgestopft und überladen war mir die ganze Handlung, alles plätscherte einfach so vor sich hin. Gleichbleibend grau, egal was auch gerade passierte.

Die Einen mögen dies nun als höchste literarische Kost titulieren, wieder Andere finden, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Für meinen persönlichen Lesergeschmack liegt die „Wahrheit“ irgendwo dazwischen.

Mein Fazit:

Der Autor hat ein sehr interessantes Grundthema etwas skurril, aber keineswegs unlesbar umgesetzt. Vieles was Jonas erlebt, erscheint nicht nur ihm surreal, sondern hinterließ auch bei mir ein ebensolches Gefühl. Der Roman beantwortet nicht alle Fragen, lässt so dem Leser eigenen Raum zum Interpretieren und ist unter dem Strich betrachtet eine Abwechslung im belletristischen Bücherregal. Mir war dieses irgendwie „andere“ Leseerlebnis solide drei Sterne wert.  

Kommentare

Naibenak kommentierte am 08. März 2016 um 10:46

Eine tolle Rezension! :-) Ich habe bislang nur "Das größere Wunder" gelesen (den 3. Roman aus der "Reihe" um Jonas+Marie). Das Buch gehört seitdem zu meinen Lieblingen! Auch dieses hier will ich bald lesen, vorher aber noch "Die Arbeit der Nacht". Kennst du das auch? Viele Grüße!