Rezension

Skurril und teilweise absurd

Die vielen Talente der Schwestern Gusmão - Martha Batalha

Die vielen Talente der Schwestern Gusmão
von Martha Batalha

Bewertet mit 2.5 Sternen

Wenn man dem Klappentext glauben darf, finden die Schwestern Gusmão ihr Glück trotz des eintönigen Familienalltags und erkennen, "dass die größte Lebensfreude dort verborgen ist, wo sie am allerwenigsten danach gesucht hätten …" Entweder habe ich das trotz genauen Lesens nicht entdeckt oder es ist einfach nicht so.

In zeitlichen Hin- und Hersprüngen lernen wir verschiedene Personen in einem Viertel Rios in den 40er Jahren kennen. Später im Buch erklären sich dann auch die manchmal unverständlichen Verhaltensweisen, die einige Charaktere unsympathisch machen. Sie haben Gründe, die in ihrer Kindheit zu liegen scheinen, so z.B. Eurídice, die nie sie selbst sein durfte und nur als Hausfrau und Mutter funktioniert und deren Mann auf sie herabschaut.

"Eurídice dort unten nahm alles hin. Sie hatte sich schon immer als belanglos erachtet." S. 13

Dies ist allerdings kein realistischer Roman, sondern ein skurriler, der die Handlungen der Personen oft stark überzeichnet. Wie absurd z.B, dass Eurídice nur deshalb ungeheuer zunimmt, damit ihr Mann sie nicht mehr anrührt!

Die Trostlosigkeit ihres familiären Daseins fand ich sehr bedrückend.

"Sie drehte das Fleisch durch den Wolf und mit dem Fleisch die trostlosen Gedanken, die ihr Leben so freudlos machten." S. 14

Nachdem all' ihre Versuche scheitern, wie Kochen frugaler Mahlzeiten (keiner würdigt das) und Nähen für die ganze Nachbarschaft (ihr Mann verbietet es), verfällt sie in Teilnahmslosigkeit.

Sehr unglaubwürdig finde ich ihre plötzliche Wandlung: Sie raucht, liest anspruchsvolle Literatur und beginn selber zu schreiben. Darüber erfahren wir nur, dass keiner ihrer Artikel irgendwo angenommen wird und am Ende des Buches steht das Klappern ihrer Schreibmaschine.

Ich fand die Darstellung der verschiedenen Lebensgeschichten zu komprimiert, die Charaktere zu skurril und eine Lehre konnte ich auch nicht erkennen. Oder stopp – vielleicht doch: Sei du selbst. Aber das hätte man vielleicht anders vermitteln können. Dennoch halte ich es für möglich, dass das Büchlein anderen gefällt.