Rezension

So mitreißend wie tödliche Gewässer...

Drowning - Tödliches Element - Rachel Ward

Drowning - Tödliches Element
von Rachel Ward

*Worum geht's?*
Rob ist tot. Ertrunken in dem tödlichen Wasser des Sees - und Carl war dabei. Doch er kann sich an nichts erinnern. Seit jenem verhängnisvollen Tag leidet Carl unter Gedächtnisverlust und wird von unzähligen Fragen geplagt. Warum waren er und sein Bruder bei Sturm am See? Wer ist das Mädchen, das bei ihnen war? Warum hat ausgerechnet Carl überlebt? Und warum kann er nicht um seinen Bruder trauern? Carl macht sich auf die Suche nach Antworten, das ist er Rob schuldig - und das lässt sein Bruder ihn auch deutlich spüren, denn er weicht nicht von seiner Seite...

*Meine Meinung:*
Mit "Drowning" legt Rachel Ward ein Buch vor, das sich fernab vom Mainstream ansiedeln lässt. Die Autorin erzählt die Geschichte zweier Brüder, Rob und Carl, die der Unberechenbarkeit und Tödlichkeit des Wassers zum Opfer fallen. Der eine verliert in den Fluten sein Leben, der andere sein Gedächtnis - und nun ist es an Carl, seine Erinnerungen wiederzuerlangen und die Wahrheit über jenen fatalen Tag herauszufinden. Eine Wahrheit, die alles andere als leicht zu ertragen ist...

"Drowning" ist mit Sicherheit kein schönes Buch. Die Charaktere haben mit schrecklichen Schicksalen zu kämpfen und auch ihre Hintergrundgeschichten sind nicht gerade rosig. "Drowning" steckt voller Gewalt, sowohl physischer als auch psychischer Natur, und trotzdem finden sich auch so viele hoffnungsvolle Momente in dem Buch. Besonders die aufkeimende Liebesgeschichte bringt einen trotz der vielen düsteren Themen so manches Mal zum Lächeln - auch wenn dieses niemals lange halten darf...

Rachel Ward spannt einen enormen Spannungsbogen über die Handlung von "Drowning". Trotzdem schafft die Geschichte es nicht ihre Leser so stark zu fesseln, dass man alles um sich herum vergisst. Ab und an beschleicht einen das Gefühl, den roten Faden der Geschichte verloren zu haben oder für ein Kapitel festzustecken und nicht voran zu kommen. Zwar sind diese Momente selten und kaum erwähnenswert, aber leider sind sie doch so auffällig, dass sie der sonst so grandiosen Geschichte einen kleinen Abbruch tun.

Carl, der fünfzehnjährige Protagonist, leidet seit jenem verhängnisvollen Todestag seines Bruders an starkem Gedächtnisverlust. Nur langsam und mühselig kehren seine Erinnerungen an sein bisheriges Leben zurück - wer er ist, was er erlebt hat, wen er liebt -, doch was genau am See geschehen ist, will ihm nicht wieder in den Sinn kommen. Was steckt hinter Robs Tod? Warum hat ausgerechnet Carl überlebt? Und warum kann er nicht um seinen Bruder trauern?

Rachel Ward lässt Carl eine enorme Entwicklung vollziehen, die ihm viel Kraft und noch mehr Mut abverlangt. Diese Veränderungen bewirken, dass man mit jedem Kapitel einen besseren Draht zu dem jungen Protagonisten aufbauen kann. Denn zu Beginn ist Carl alles andere als die ideale Hauptfigur, mit der man auf Anhieb mitfiebert. Er ist verschlossen, kalt, gefühllos. Je mehr Erinnerungen er jedoch zurückerlangt, je mehr Höhen und Tiefen er erlebt, desto besser lernt man ihn und seine Art zu verstehen. Schlussendlich möchte man Carl nach der letzten Seite nicht einmal mehr gehen lassen...

Neisha ist neben den zwei Brüdern die wichtigste Figur in "Drowning" und auch sie hat es in ihrem jungen Leben nie leicht gehabt. Sie hat sich zu einem distanzierten und vorsichtigen Mädchen entwickelt, das von ihren bisherigen Erfahrungen in Sachen Liebe stark geprägt wurde. Neisha und Carl kommen sich im Handlungsverlauf sehr nah, aber eine kitschige Liebesgeschichte entwickelt sich aus ihren Gefühlen nicht. Es ist eine gefühlvolle Beziehung, die sich selbst nicht recht einzuschätzen weiß, eine Liebe, die mit vielen Schicksalsschlägen zu kämpfen und die rosarote Brille niemals kennengelernt hat.

In "Drowning" weiß man nie genau, ob etwas nun wirklich geschieht oder nicht. Ist es Carls Psyche, die ihm einen Streich spielt? Oder geschehen hier tatsächlich paranormale Dinge, die sich mit den bloßen Regeln der Natur nicht mehr erklären lassen? Während Carl versucht, dem Rätsel auf die Schliche zu kommen, ist nur eines sicher: Robs Erscheinungen und alles, was sie mit sich ziehen, sind Grusel pur!

"Drowning" lebt von der düsteren Stimmung, die Rachel Ward mit ihrem Schreibstil erzeugt. Gekonnt spielt sie mit Begriffen rund um das Wasser. Ihre Worte gehen eiskalt unter die Haut, lassen einen mit einer Gänsehaut an den Seiten kleben. Sogar die Kälte des tödlichen Wassers, indem Rob ertrunken ist, schleicht sich in den eigenen Körper! Rachel Ward schreibt in einer expliziten, gar schonungslosen Sprache, die einem nicht nur einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Rachel Ward reißt ihre Leser in "Drowning" in einen unerbittlichen Lesefluss, in dem man zu ertrinken droht!

*Cover:*
Das Cover fängt die düstere Atmosphäre des Buches perfekt ein. Die dunklen Wellen, die während des Lesens über einen selbst hinwegreißen, könnten kaum besser zum Roman passen.

*Fazit:*
"Drowning", Rachel Wards neuestes Buch, ist so mitreißend wie das tödliche Wasser, um das sich der gesamte Roman dreht. Die Autorin erzählt die Geschichte von Carl, der seinen Bruder Rob in den Fluten eines Sees verloren hat, und nun auf der Suche nach der Wahrheit ist; einer grässlichen Wahrheit, die vielleicht lieber im Schlick am Boden des Sees geblieben wäre... "Drowning" strotzt vor Spannung und vielschichtigen Charakteren, lebt aber vor allem von seiner besonderen, düsteren Atmosphäre, die einem die Kälte in die Knochen treibt. Dieses Buch ist nichts für schwache Nerven und schlägt mächtig auf die Psyche! Für "Drowning" vergebe ich gute 4 Lurche.