Rezension

So muss Horror sein

Hex - Thomas Olde Heuvelt

Hex
von Thomas Olde Heuvelt

In letzter Zeit verspüre ich ein regelrechtes Verlangen nach einer guten Horrorgeschichte, aber ich habe das Gefühl, dass solche kaum noch verlegt werden. Eine Hexengeschichte ist mir zwar nicht so lieb wie Geistergeschichten, aber heutzutage darf man scheinbar nicht allzu wählerisch sein.

Die Geschichte spielt in Black Spring, einem kleinen Dorf im Hudson Valley (Black Spring, das erinnert mich sofort an Stephen Kings The Mist). Im Siebzehnten Jahrhundert wurde in diesem Dorf die Hexe Katherine van Wyler zum Tode verurteilt, nur um kurz darauf wieder aufzutauchen und das Dorf heimzusuchen. Seit 300 Jahren lebt sie nun schon in Black Spring und hat die Menschen dort verflucht. Wer versucht, das Dorf zu verlassen, leidet immer schlimmer an Suizidgedanken, bis die Verfluchten schließlich tatsächlich Selbstmord begehen. Bislang hat das Militär keine Möglichkeit gefunden, den Fluch zu brechen oder die Hexe aufzuhalten und so gelten strenge Regeln: kein Besuch von außerhalb und kein Internet.

Eine Horrorgeschichte wäre wohl keine Horrorgeschichte, wenn es keine dummen Teenager gäbe. So sind auch in diesem Buch Teenager, die sich nicht an die Regeln halten, der Auslöser für das Grauen, das über Black Spring kommen wird. Und was das für ein Grauen ist. Ich liebe ja subtilen Horror, solchen, bei dem nicht explizit ausgeschrieben wird, warum was passiert. Horror muss nicht blutig sein, Horror muss mir immer wieder kleine Schauer über den Rücken jagen. War das jetzt Zufall? Oder war das die Hexe?

Interessant fand ich, dass die Hexe einen scheinbar festen Bestandteil im Leben der Bewohner hat. Sie ist weder unsichtbar noch konturlos, sie ist keine bloße Legende. Sie taucht in Fleisch und Blut in Wohnungen auf, wo die Menschen sich angewöhnt haben, ein Tuch über sie zu hängen und sie zu ignorieren, bis sie wieder verschwindet. Die Beschreibung der Hexe, mit ihrem zugenähten Mund und ihren zugenähten Augen... Sie sagt nichts, sieht niemanden an, und trotzdem bekomme ich eine Gänsehaut, wenn sie auftaucht. Das ist der subtile Horror, den ich meine. Sie scheint nichts zu tun und trotzdem passieren in ihrer nähe seltsame Dinge, sodass man wie die Dorfbewohner nie weiß, ob man belustigt oder verängstigt sein soll. Das ist viel gruseliger als eine mordende, rasende, blutdurstige Bestie, viel spannender als eine Splattergeschichte.

Erzählt wird die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven, was bis auf das Ende sehr gut funktioniert. Schwierigkeiten hatte ich eigentlich nur mit dem Schreibstil, es hat bis zur Hälfte des Buches gedauert, bis ich mich daran gewöhnt hatte. Irgendwie liest sich die Geschichte sehr holprig, ich hätte mir einen flüssigeren Stil gewünscht, einen eindringlicheren, einen, bei dem ich wirklich ganz nah an den Figuren bin. Das hätte den subtilen Horror sicher noch einmal gesteigert.

Abgesehen davon ist Hex wirklich genau das, was ich mir gewünscht habe: ein guter Horrorroman, der ohne Splatter auskommt und der durch seinen subtilen Horror unter die Haut geht.

(c) Books and Biscuit