Rezension

So wunderschön und doch so schrecklich

Bis ans Ende der Geschichte
von Jodi Picoult

Bewertet mit 5 Sternen

Sage ist sehr menschenscheu, seit sie bei einem Autounfall, bei dem sie auch ihre Mutter verlor, eine Gesichtsverletzung davontrug. Sie arbeitet nachts in einer Bäckerei und das Backen ist ihre große Leidenschaft, die sie von ihren Großeltern geerbt hat. In einer Trauergruppe, in der sie über den Tod ihrer Mutter hinwegzukommen versucht, lernt sie Joseph kennen. Zwischen der jungen Frau und dem über Neunzigjährigen entwickelt sich eine zarte Freundschaft. Irgendwann bittet Joseph Sage, ihm beim Sterben zu helfen und erzählt ihr von seiner Nazivergangenheit. Sage ist geschockt, ist ihre Großmutter doch eine Überlebende des Holocaust. Sage ist so erschüttert, dass sie Joseph heimlich als Naziverbrecher anzeigt. Dadurch lernt sie den Ermittler Leo kennen und nun soll sie ihm helfen Joseph zu überführen.....

Was für eine Geschichte. Eigentlich wusste ich gar nicht so genau um was es in dieser Geschichte geht. Der Name Jodi Picoult reichte aus um mich zu dem Buch greifen zu lassen, denn bisher hat sie mich immer mit ihren Geschichten verzaubert, auch wenn es oftmals traurig zuging. Mit "Bis ans Ende der Geschichte" ist der Autorin etwas ganz besonderes gelungen: Eine Geschichte die wunderschön aber gleichzeitig auch so schrecklich ist, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann.

Man liest hier praktisch eine Geschichte aus der Sicht eines Opfers und eine aus der Sicht eines Täters. Besonders interessant fand ich, wie der junge Joseph von einem normalen Jungen zu einem eiskalten Soldaten wurde, der blind Befehle ausführt. Als das Buch zu der Geschichte der Großmutter Minka kam, kämpfte ich oft gegen die Tränen an und musste des öfteren kleine Lesepausen einlegen um das alles erst einmal ein wenig zu verarbeiten. Picoult ist es mit diesem Buch gelungen, einen Teil der schrecklichen deutschen Geschichte wieder lebendig werden zu lassen, ohne den Zeigefinger zu erheben. Sie zeigt, wie schnell man sich manipulieren lässt und mit der Herde rennt. Sie zeigt, was manche alles tun, um ihr eigenes Leben zu retten. Sie zeigt aber auch, was manche Menschen für Monster waren und dass es Menschen gab, die versuchten anderen zu helfen und ihr eigenes Leben dabei riskierten.

Monster ist ein gutes Stichwort, denn dazwischen gibt es immer wieder Passagen einer Geschichte, die die Großmutter geschrieben hat. Sie handelt von einem kleinen Dorf, einem jungen Mädchen und einem "Monster", dem Upiór. Diese Geschichte fing Minka schon vor dem Krieg an zu schreiben und während der schrecklichen Zeit ins Auschwitz schrieb sie immer weiter daran.  Ich wartete immer gebannt auf die Fortsetzung.

Der Schreibstil des Buches ist so bildhaft und die Charaktere so authentisch und lebhaft, dass ich mich mitten in der Geschichte fühlte. Ich brauchte immer eine ganze Weile, bis ich daraus aufgetaucht war und ich merke schon, dass ich noch sehr lange über diese Geschichte nachdenken werde.

Ich kann dieses Buch nur jedem empfehlen, auch Lesern, die dieses Thema sonst eher meiden, denn Jodi Picoult hat hier wirklich eine einzigartige Geschichte erschaffen. Eine Geschichte, die den Leser gefangen nimmt, die ihn mit den Charakteren leiden lässt, die ihn von ganzem Herzen hassen lässt. Die zu Tränen rührt und ihn erleichtert aufatmen lässt. Die ein schmunzeln aufs Gesicht zaubert und die man sofort wieder beginnen möchte, wenn sie zu Ende ist. Ich vergebe 5 von 5 Punkten, den Favoritenstatus und eine absolute Leseempfehlung. "Bis ans Ende der Geschichte" ist ein Buch, das einen nie wieder los lässt.

© Beate Senft