Rezension

Solide Ansätze, etwas viel

Die Sehnsucht der Inselärztin - Anni Deckner

Die Sehnsucht der Inselärztin
von Anni Deckner

Bewertet mit 3 Sternen

Dieser Insel-Roman war mein erstes Buch der Autorin Anni Deckner und hat mich aus verschiedenen Gründen angesprochen: zum Einen bin ich ein großer Norderney-Fan und habe seit meiner Kindheit viele Reisen auf die Insel gemacht. Ich erhoffte mir nach dem Klappentext ein tolles Inselfeeling und konkreten Bezug zu den Schauplätzen auf Norderney. Dies wurde für mich teilweise erfüllt - gerade zu Beginn kommt eine tolle Atmosphäre auf und es wird als besonderer Platz die "Weiße Düne" genannt, die ich sehr gut kenne. Später rückte dies dann zunehmend in den Hintergrund und wurde auch am Ende nicht mehr aufgegriffen. Das fand ich ein wenig schade, denn gerade Norderney bietet wirklich viele gut erkennbare Merkmale und diese hätte man zumindest am Rande noch einmal einfließen lassen können.
Außerdem fand ich die Geschichte über die junge Ärztin sehr interessant. Dieser Teil wurde gut umgesetzt, denn sowohl der Alltag in der Klinik am Anfang als auch später in der Praxis wird lebensnah geschildert.
Natürlich interessierte mich auch die Liebesgeschichte - diese kam nicht zu kurz, hatte aber die eine oder andere Wendung, die nicht ganz nachvollziehbar war. Für mich wirkte gerade eine gewisse Szene, in der die Protagonistin sich in die Vergangenheit versetzt fühlt, weil ihr Partner sie früher bereits einmal betrogen hat, sehr konstruiert. Das Ende war für mich dann wieder einen Tick dick aufgetragen ;)
Die Kerngeschichte - anders als im Klappentext angegeben - ist jedoch die Entführungsgeschichte um den kleinen Leo. Diese hat mich zunächst verunsichert, dann aber sehr gepackt und ich habe richtig mitgefiebert. Die Ereignisse überschlugen sich und ehrlich gesagt war Vieles für mich ein wenig dick aufgetragen - dafür ziehe ich einen Punkt ab. Es gab bestimmte Handlungsstränge, wie Simone oder Rüdiger, die die ganze Zeit gut gepflegt wurden und dann durch eine überraschende Wendung kurz vor Schluss eigentlich ihre Berechtigung verloren.
Für mich wirkte das Ende etwas schnell zusammengeschrieben - auf einmal war es da und hätte für mich ruhig noch etwas mehr Raum einnehmen können. Ich war hierbei zwar emotional durchaus eingebunden und auch gerührt (2 kleine Tränchen :)), aber ich hätte mir etwas mehr Handlungsführung und weniger göttliche Fügung gewünscht.
Der Erzählstil gefiel mir insgesamt gut, allerdings wurden mir die Selbstgespräche der Protagonistin manchmal etwas viel.
Die Figuren waren sehr liebevoll gestaltet und das war für mich ein klarer Pluspunkt!!
Insgesamt: eine interessante und gut geschriebene Geschichte mit Insel- und Krimiflair, die jedoch nicht ganz perfekt ist. Solide 3 Sterne!