Rezension

Solider Thriller, wird in der zweiten Hälfte schwächer

Stirb leise, mein Engel - Andreas Götz

Stirb leise, mein Engel
von Andreas Götz

MEINE MEINUNG

Stirb leise, mein Engel ist ein Thriller für Jugendliche von Andreas Götz. Aufmerksam geworden bin ich durch das tolle Cover. Obwohl es so schlicht ist, ist es ein echter Blickfang und unter dem Schutzumschlag bietet es noch eine weitere schöne Überraschung. In dieser Geschichte gibt es einige wichtige Figuren, aber nur einen Ich-Erzähler: Tristan. Ich muss sagen, dass mir die Passagen aus Tristans Sicht am besten gefallen haben. Sie sind am eindringlichsten und erschreckendsten. Gegen Ende fand ich sie allerdings nicht mehr so gut wie zu Beginn. Schön ist auch, dass Tristans Kapitel durch eine andere Schriftart hervorgehoben werden. 

Die anderen Perspektiven teilen sich vor allem Sascha und seine neue Nachbarin Joy. Sascha war mit einem der Zyankali-Opfer, Natalie, befreundet, und stellt als erster eine Verbindung zwischen den vier toten Mädchen her.  Er und Joy fangen an, selbst zu ermitteln, weil Saschas Mutter, die zufällig Kriminalbeamtin ist und zufällig genau diesen Fall bearbeitet, ihm nicht zuhören will. Sascha verliebt sich auch relativ schnell in seine "exotische" neue Nachbarin, die so voller Lebensfreude ist. Doch bevor sie ihre Beziehung vertiefen können, stößt die geheimnisvolle, draufgängerische Mareike hinzu und bietet ihm ebenfalls ihre Hilfe an. 
Stirb leise, mein Engel bietet nicht nur einen Thriller mit der Jagd nach dem Mörder, sondern auch eine Dreiecks-Liebesgeschichte. Dieses Mal allerdings mit einem Jungen und zwei Mädchen, von denen auch keine richtig deutlich sagt, was sie eigentlich will. Genauer gesagt, scheinen alle drei nicht zu wissen, was sie wollen, sind aber trotzdem ständig eifersüchtig. Das teilweise extrem kindische Verhalten der Figuren hat mich zwischendurch immer mal wieder gestört. Vor allem Sascha, dessen Vater erschossen wurde und dessen Mutter Polizistin ist, sollte es besser wissen. Manche seiner Aktionen sind einfach dämlich. Auch Joy verhält sich vor allem am Ende, wenn der Leser längst weiß, wer Tristan ist, viel naiver und leichtgläubiger und dämlicher als die Figur vorher gezeichnet wurde. 

Der Plot hat mir gut gefallen, zieht sich aber am Ende. Für meinen Geschmack kommt man zu schnell auf die Lösung, wer Tristan ist. Es wurde zwar eine ziemlich gute, aber auch sehr offensichtliche falsche Fährte gelegt und sobald klar ist, dass diese Figur nicht in Frage kommt, weiß man, wer hinter Tristan steckt. Ich hätte mir gewünscht, dass die Auflösung erst später kommt. So haben sich die letzten 100 Seiten etwas gezogen, zumal Tristans Absichten klar waren und man nur noch auf die sicherlich eintreffende Rettung gewartet hat. 

Etwas schade finde ich, dass Tristan am Ende wieder einer dieser "Ich hatte eine so furchtbar schreckliche Kindheit"-Killer ist. Es kommt so oft vor, dass es einfach abgegriffen ist und mich mit den Augen rollen lässt, dass die Kindheitsgeschichte mal wieder als Motiv genommen wurde. In Tristans speziellem Fall hat es mich extrem an den Killer aus House at the End of the Street erinnert. Es ist eine sehr ähnliche Hintergrundgeschichte. 
Alles in allem ein solider Thriller, der in der zweiten Hälfte nachlässt und den geübten Leser zu schnell zur Auflösung führt. 

3 von 5 Punkten
Cover 1 Punkt, Idee 1/2 Punkt, Plot 1/2 Punkt, Figuren 1/2 Punkt, Sprache 1/2 Punkt
~*~ Oetinger ~*~ 365 Seiten ~*~ ISBN: 978-3-7891-3615-3 ~*~ Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag ~*~ 16,95€ ~*~ Januar 2014 ~*~