Rezension

sollte Schullektüre werden

Sag nicht, dass du Angst hast - Giuseppe Catozzella

Sag nicht, dass du Angst hast
von Giuseppe Catozzella

Bewertet mit 5 Sternen

Ein wichtiges, erschütterndes und leider immer noch aktuelles Buch. 

Es handelt von der Somalierin, die beim Laufen bei der Olympiade in Peking 2008 als letzte ins Ziel kam und die alles versuchte, um bei den Olympischen Spielen in London 4 Jahre später zu gewinnen. Aber in ihrer Heimat muß sie nun Burka tragen und kann nur heimlich trainieren.und um nach London zu reisen, fehlt das Geld und die Papiere. Als der Druck zu groß ist, hält sie es nicht mehr aus und flieht. Die Flucht ist die Hölle, eingepfercht mit den anderen Flüchtlingen, hungernd, durstend tagelang im LKW, unfähig, sich zu bewegen, den Exkrementen und dem Erbrochenen der anderen ausgesetzt und immer wieder von den Schleppern um ihr Geld betrogen, hat sie langsam das Gefühl, sich selbst zu verlieren. Am schlimmsten ist die wochenlange Fahrt durch die Wüste. Wer vom Wagen fällt wird liegen gelassen, die Schlepper halten nicht an. 2 Jahre Tortur dauert es, bis sie an der Küste ankommt und es schließlich auf ein Schiff schafft. Vor Lampedusa ertrinkt sie. 

Diese biographische Geschichte wird aus Samias Sicht erzählt, denn der Autor hat mit ihrer Schwester und einer Frau gesprochen, mit der Samia sich auf der Flucht angefreundet hat. Wir erfahren von ihrer Kindheit, die vom Krieg überschattet ist und von ihrer Leidenschaft, dem Laufen und wie es immer schwerer wird, zu trainieren, sodass sie immer damit rechnen muß, erschossen zu werden. Die Sprache ist schlicht und passt genau zur Geschichte. Es wird einfach erzählt, ohne zu dramatisieren oder zu beschönigen.  Und obwohl ich ja wußte, wie es endet, habe ich Rotz und Wasser geheult. Und zu wissen, dies ist nur ein Mensch von Tausenden, die im Mittelmeer auf der Flucht ertrunken sind und jeder hat seine Geschichte, sein Leben, seine Leidenschaften und seine Hoffnungen und Träume, macht es noch schwerer zu begreifen, wieso soetwas heutzutage vor unserer Nase passiert, passieren kann und wie wir soetwas zulassen. 

Wir sollten uns auch immer wieder bewußt machen, was die Menschen, die es dann bis zu uns geschafft haben für eine Hölle durchlebt haben. Nicht nur die Fluchtursache ist traumatisch, sondern die Flucht auch. Ich dachte immer, die Horrorfahrt über das Mittelmeer sei das Schlimmste daran, aber was für eine Tortur es bis dahin ist, hat mir erst dieses Buch bewußt gemacht.

Dieses erschütternde Schicksal sollte viel bekannter werden und ich bin froh, dass ihre Geschichte erzählt wird. Vor allem, um zu verdeutlichen, dass selbst Olympiateilnehmer gezwungen sind, diesen Weg zu gehen, wenn sie nach Europa wollen. Niemand sollte so leiden und sterben müssen, nur weil er seinen Traum verwirklichen will.

Ich würde dieses Buch als Schullektüre und auch sonst jedem empfehlen.