Rezension

Sommer unter schwarzen Flügeln

Sommer unter schwarzen Flügeln - Peer Martin

Sommer unter schwarzen Flügeln
von Peer Martin

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Buch, das die Augen öffnet: verstörend, poetisch, engagiert. Nuri kommt aus Syrien und lebt im Asylbewerberheim. Calvin wohnt nur wenige Häuser weiter und ist Mitglied einer rechten Jugendgang. Als sie sich kennenlernen, erzählt Nuri ihm von ihrem Heimatdorf am Rand der Wüste und von dessen Schönheit. Doch dann kamen die Schwingen des Bösen und legten sich über das ganze Land. Je mehr Calvin über das Mädchen mit den dunklen Augen erfährt, desto mehr verliebt er sich in sie. Calvin möchte seine Gang verlassen - doch so einfach entkommt er seinen alten Freunden nicht. Eine ergreifende Liebesgeschichte inmitten sozialer Konflikte, voller Poesie und Schönheit. Ein schmerzhaft ehrliches Gesellschaftsporträt mit einer "Romeo und Julia"-Geschichte eigener Art.

Mir persönlich gefällt das Cover sehr gut - der transparente Schutzumschlag ist schon etwas Besonderes und wenn man genau hinschaut sieht man, dass der Junge Springerstiefel trägt und das Mädchen ein Kopftuch - das sind sie: Calvin und Nuri, die Hauptpersonen in dem Buch.

Calvin, ein junger Neonazi. Voller Wut, ohne Perspektive. Er will einneues Deutschland - ein Land, in dem es eine Zukunft für Leute wie ihn gibt, ein Land ohne Ausländer. Doch was ist mit Nuri und ihrer Geschichte - will und kann er auch auf sie verzichten?

Und Nuri? Da sind diese schwarzen Flügel, bedrohlich, Vorboten von Unheil. In Syrien haben sie Nur immer verfolgt, gewarnt, doch auch jetzt in Deutschland wird sie diese schweren schwarzen Flügel nicht los. Dann ist da Calvin und sie fängt ihn ein mit ihren Geschichten, lässt ihn sehen und durch ihn schafft sie es die schwarzen Flügel loszuwerden, sie loszulassen.

Die Charaktere in dem Buch gefallen mir sehr, da sie so unterschiedlich sind, so interessant und sehr gut nachvollziehbar. Sie wirken echt und machen das Buch lebendig und se sind voller Widersprüche, Ängste und (unerfüllter?) Hoffnung.

Dann ist da auch noch Calvins Mutter, die in Nuri, dem Flüchtlingsmädchen eine Gefahr für ihren Sohn sieht, nicht aber in der rechten Clique ihres Sohnes. Klar die Rechten regieren praktisch das Viertel, aber wer sagt, dass sie deshalb guter Umgang sind?

Die Geschichte ist ziemlich komplex aufgebaut, sie spielt zum einen in der Gegenwart, in der kleinen norddeutschen Stadt, in der Calvin wohnt. Und zum anderen gibt es noch Nuris Erzählungen, von einem fernen, fremden Land - Syrien. Einem schönen Land, doch dann kommen Krieg und Angst. Von alledem handeln Nuris Geschichten. Faszinierend, grausam und sehr interessant. Vor allem aber geben sie einen ganz neuen Blickwinkel auf die Dinge. Man sieht Nuris Welt und fängt an zu verstehen, Das ist etwas, was die Nachrichten im Fernsehen und im Internet eigentlich nie schaffen - einen sehen und verstehen zu lassen.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Es war lehrreich, aber keinesfalls belehrend, faszinierend und berührend mit einer Geschichte, die mir noch lange im Kopf bleiben wird.