Rezension

Spannend

Passagier 23 - Sebastian Fitzek

Passagier 23
von Sebastian Fitzek

Bewertet mit 4.5 Sternen

Fitzek versteht einfach etwas von Spannung. In jedem Kapitel musste ich sofort wissen, was im nächsten passiert und habe den Roman in wenigen Tagen durch gehabt, obwohl sich eine ganz andere Geschichte entwickelte, als ich erst erwartete. Nichts Mysteriöses, keine Geister, aber dennoch so einige Rätsel gibt es auf diesem Kreuzfahrtschiff zu lösen.

Als ich den Klappentext zum ersten Mal las, erwartete - ja erhoffte ich sogar - eine Geistergeschichte oder zumindest etwas teilweise Mysteriöses, Unerklärliches. "Leider" steckt jedoch etwas anderes dahinter, wovon sich auch Fitzek inspirieren liess: Meist sind die verschwundenen Personen, im Schnitt 23 pro Jahr, gestorben. Suizid auf hoher See. Diese traurige Zahl ist keine Erfindung des Autors, sondern etwas für seine Inspiration als er selbst auf einem Kreuzfahrtschiff unterwegs war, was er auch im Roman erläutert. 
Sein Schreibstil konnte mich wieder gleich fesseln und so gewann nicht nur die Geschichte mit jeder Seite an Tempo. Irgendwann kommen so viele Rätsel, komische Ereignisse und verdächtige Personen, verschiedene Blickwinkel, Lügen und Versteckspiele zusammen, dass der Leser ziemlich im Dunkeln tapt bis am Ende alles aufgelöst wird. Auch wenn die Geschichte eine komplett andere Richtung als erwartet eingenommen hat, war ich nicht enttäuscht, wenn auch etwas schockiert. Gleich mehrere böse Machenschaften waren in die Ereignisse verwoben und gekonnt in ein Intrigennetz gespannt, die wie gesagt leider nicht rein fiktiv sind, sondern reale Tatsachen. Falls einige Details dabei unaufgelöst blieben oder Löcher aufweisen, fiel es mir nicht auf, weil es schlicht ein sehr vielfältiges und dichtes Netz an Lügen und Vertuschungen ist. Allerdings beweisst auch dies das Talent des Autors, so viele diverse Schicksale und Leben gekonnt miteinander zu knüpfen.
Was ich jedoch zu den Figuren generell sagen muss: Keine war mir wirklich sympathisch. Ich sorgte mich zwar um das Wohlergehen der ein oder anderen Person, ich fühlte mit einer Protagonistin mit und verstand die Beweggründe eines anderen Protagonisten, doch mich selbst mit jemanden identifizieren konnte ich nicht. Besonders der Hauptcharakter Martin Schwartz ist, wenn ich das so sagen darf, ziemlich gestört und kaputt. Ihm ist egal, ob er heute stirbt oder nicht, ob unter Schmerzen oder nicht. Er ist schlicht davon besessen zu erfahren, was damals mit seiner Frau und seinem Sohn passierte, was mit dem wieder aufgetauchten Mädchen geschehen ist und wie und wieso diese Geschichte scheinbar einen gleichen Nenner haben. Seine Reaktionen fand ich allerdings zu extrem und manchmal unverständlich. Auch der Bösewicht machte für mich nur teilweise Sinn, obwohl ich dessen Motive einsehe. Einige Nebenfiguren waren mir relativ egal, andere empfand ich als Schlüsselpersonen. Am unterhaltsamsten war jedoch mit Abstand die alte Dame, die auf eine ulkige Art einen Sprung in der Schüssel hat.
Unterm Strich hat mir die Spannung, das Kreuzschiff, die Vernetzung so vieler verschiedener Charakteren und Motive sowie der Schreibstil gefallen. Die Protagonisten per se, das Ende bzw. die Auflösung und die traurige Wahrheit bezüglich Passagieren 23 gefielen/gefallen mir hingegen weniger.
 

4 / 5 Sterne