Rezension

Spannend!

Herzgrab - Andreas Gruber

Herzgrab
von Andreas Gruber

Der österreichische Autor Andreas Gruber ist längst kein Geheimtipp mehr sondern mittlerweile sehr bekannt und das aus gutem Grund. Um den zu erfahren, müssen Sie nur eines seiner Bücher lesen. Sie werden sich dem Sog seiner Geschichten nicht entziehen können. Garantiert!

Sein neuester Thriller »Herzgrab« knüpft nahtlos an die Erfolge von »Todesfrist« und »Rachsommer« an, die ebenfalls bei Goldmann als Taschenbuchausgabe erschienen sind. Anders als bei den Vorgängern hat sich diesmal Goldmann das Erstrecht gekauft.

Der Roman ist in fünf Teile gegliedert, denen jeweils ein Zitat voran gestellt ist; beginnt zudem mit einem für Andreas Gruber typischen spannenden Prolog, der einen sofort in den Bann zieht, und schließt mit einem Epilog ab.

Der Leser wird diesmal in die Kunstwelt und nach Italien entführt. Im Mittelpunkt steht die junge Wiener Privatdetektivin Elena Gerink, die den Ruf hat, bisher noch jede vermisste Person gefunden zu haben. Sie wird von Monica Del Vecchio beauftragt, deren Vater, den verschwundenen weltberühmten Maler Salvatore Del Vecchio zu suchen, was sich schwieriger gestaltet als gedacht. Obwohl er einen Abschiedsbrief hinterlassen hat, glaubt seine Tochter nicht an einen Selbstmord. Überraschend taucht ein angeblich letztes Gemälde des Malers auf, das Monicas Mutter zeigt, und um eine enorme Summe ersteigert wird.

Unabhängig davon ermittelt zur selben Zeit Elenas Ehemann Peter Gerink, Entführungsspezialist beim BKA in der Sache Teresa Del Vecchio, die seit einiger Zeit als vermisst gilt und zuletzt in der Toskana gesehen wurde. Zusammen mit seinem italienischstämmigen Partner Dino Scatozza wird er nach Italien geschickt, um der Sache auf den Grund zu gehen. Und das wäre in Ordnung, wenn nur nicht diese Sache zwischen ihnen stehen würde: Scatozza hat nämlich gerade erst mit Peters Frau geschlafen...

›Herzgrab‹ ist der bislang umfangreichste Thriller aus Andreas Grubers Feder, nicht nur was die Seitenzahl betrifft. Im Buch tummeln sich zahlreiche Personen. Andreas Gruber versteht es allerdings meisterhaft den Leser sanft durch den Personendschungel zu führen. Um den Überblick zu behalten nutzt er, beziehungsweise sein Protagonist Peter Gerink, eine Personentafel in Form einer Minigrafik, die sich auch im Buch wiederfindet.

Ohne Frage ist dem Autor ein mitreißender Thriller gelungen, der von der ersten bis zur letzten Seite fesselt. Geschickt legt der Autor falsche Fährten und baut überraschende Wendungen ein, die das Leseerlebnis und Miträtseln verlängern.
Gekonnt wurden mehrere Erzählperspektiven, Zeitebenen und Handlungsstränge miteinander verknüpft, die am Ende alle in einen roten Faden münden, samt furiosem und unvorhersehbarem Finale, das keine Fragen offen lässt. Das beherrscht der akribisch arbeitende Autor wirklich famos.

Seine Figuren sind plastisch gezeichnet, greifbar und agieren stets glaubhaft und authentisch. Die Protagonisten sind sehr sympathisch. Darüber hinaus punktet »Herzgrab« stellenweise mit scharzem Humor und liefert sarkastisch-ironische Pointen. Ein Beispiel: Da sich Peter Gerink zusammen mit seinem Partner die Honeymoon Suite in einer schäbigen italienischen Absteige teilen muss, samt rotem Himmelbett und Plüschkissen, werden die beiden von den italienischen Kollegen bald nur noch »Die Homos aus Wien« genannt und kritisch beäugt, was vor allem Peter Gerink alles andere als lustig findet (im Gegensatz zum Leser). Schließlich handelt es sich bei Dino Scatozza um seinen Nebenbuhler. Aber auch die italienischen Beamten bekommen ihr Fett ab und werden vom Gerink-Scatozza-Gespann nach allen Regeln der Kunst hinters Licht geführt.
Die humorvollen Passagen sind sicher Mitschuld daran, warum »Herzgrab« nicht ganz so düster, gruselig und grausam ist wie die Vorgänger »Rachesommer« und »Todesfrist«, wenn der Täter auch eiskalt vorgeht und die Taten an sich nichts für schwache Nerven sind.

Der Schreibstil ist gewohnt rasant, atmosphärisch dicht und packend. Schon im Prolog kommt der Autor richtig zur Sache und der Thriller gerät in Fahrt. Der Plot entwickelt daraufhin von Kapitel zu Kapitel immer mehr Zugkraft, sodass man ab einem gewissen Punkt das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. (Und dieser Punkt ist bereits auf Seite 18 erreicht.) Die Perspektivewechsel sind moderat, aber durchaus öfter mitten im Kapitel. Die Rückblenden sind zur besseren Überschaubarkeit kursiv gehalten.
Was Andreas Gruber außerdem wundervoll beherrscht, ist das Schreiben von Dialogen. Diese wirken niemals hölzern und sind gespickt mit Konflikten: ein Schlagabtausch jagt den nächsten.

Zusätzlich punktet das Buch mit vielen zusätzlichen Informationen für den Leser, die zeigen wie akribisch der Autor rechecheriert.