Rezension

Spannend beschriebene Biografie

Die Akte Baader - Stefan Schweizer

Die Akte Baader
von Stefan Schweizer

Bewertet mit 4 Sternen

Verbrecher, Rebell, Mörder, Staatsfeind Nr. 1 – Andreas Baader, Kopf der Rote Armee Fraktion, hatte eine beachtliche kriminelle Karriere hinter sich, als er im Herbst 1977 tot in seiner Zelle im Gefängnis Stammheim aufgefunden wurde. Wer war dieser Baader, der wie kein anderes Mitglied der linken Terrorszene die Gemüter im Nachkriegsdeutschland polarisiert hat? Der Wissenschaftler Stefan Schweizer ist dieser Frage in seinem Roman Die Akte Baader nachgegangen.

Kontext: Als im Sommer 1967 die Hippiebewegung in den USA bereits auf ihrem Höhepunkt war, begannen die Studenten weltweit auf die Straßen zu gehen. Die Unruhen waren je nach Land in unterschiedlichen Ursachen begründet. Die große Gemeinsamkeit lag im Protest gegen den Vietnamkrieg, der symbolisch für Unterdrückung und Ausbeutung durch das kapitalistische System stand. Der Höhepunkt der deutschen Revolte ist am 2. Juni 1967 erreicht, als in Berlin der Lehramtsstudent Benno Ohnesorg durch einen Schuss aus einer Polizeiwaffe stirbt. Dieser Tag galt später Vielen als die Geburtsstunde der RAF. Zu dieser Zeit hatte der aus Bayern stammende 24jährige Berndt Andreas Bader bereits in Berlin als Kleinkrimineller Fuß gefasst und durch seine Kontakte ins studentische Milieu einen Politisierungs- und Radikalisierungsschub erfahren.
 

In seinem auf biografischen Fakten basierenden Roman zeichnet Stefan Schweizer Baaders Lebensweg vom Jungen, der ohne Vater aufwuchs bis zum Mörder, der hinter den Mauern des Stammheimer Gefängnisses starb, detaill- und kenntnisreich nach. Viel erfährt man aus den Kinder- und Jugendzeit Baaders. Baaders eigensinniger Charakter zeichnet sich schon früh ab. Unfähig, Autoritäten anzuerkennen, gerät der junge Baader schon früh in Konflikt mit dem Gesetz. In seiner Berliner Zeit trifft er dann auf Gudrun Ensslin, die seinem Revoluzzertum den intellektuellen Überbau verschafft. Der weitere Verlauf der Geschichte ist bekannt. Doch was den Reiz des Buches ausmacht, ist die Vermischung von Fakten und Fiktion.  
Am Ende ist es nicht wichtig, ob die Fakten zur Geschichte der RAF in korrekter chronologischer Reihenfolge geschildert werden. Diese sind ja bereits anderweitig zur Genüge beschrieben worden. Stefan Schweizer geht es darum, das Innerste eines Mannes darzustellen, der auf charismatische Weise Schicksal für viele Menschen gespielt hat.  Die Akte Baader ist nicht nur ein spannend geschriebener, rasanter Kriminalroman, sonder auch ein gelungener Beitrag zur Entmystifizierung einer der schillerndsten Persönlichkeiten aus der linken Terrorszene.