Rezension

Spannend – Mitreißend – Gut Recherchiert

Die Vergessenen - Ellen Sandberg

Die Vergessenen
von Ellen Sandberg

Bewertet mit 5 Sternen

Vera Mändler ist Journalistin und nicht glücklich bei ihrem jetzigen Verlag, einer Frauenzeitschrift.
Sie möchte gerne wieder über Wirtschaft und Politik schreiben. Doch nach einigen Jahren Schönheitstipps ist es fast unmöglich.
Als ihre Tante Kathrin mit einem Schlaganfall ins Krankenhaus kommt stößt Vera auf ein Familiengeheimnis. Ihre Tante war zu Kriegszeiten in der Heil- und Pflegeanstalt Winkelberg tätig.
Dort wurden behinderte Kinder ermordet.
Vera versucht hinter das Geheimnis zu kommen.

Manolis Leferis, ein Mann für besondere Aufträge soll eine Akte ausfindig machen. Als sie Person, die ihn zu der Akte führen soll ermordet wird, stößt er auf Vera Mändler und das Geheimnis ihrer Tante.
Auch Manolis hat seine Probleme mit der Vergangenheit. Sein Vater stammt aus einem kleinen, griechischen Ort in dem die Bewohner, darunter auch die ganze Familie seines Vaters von deutschen Soldaten bestialisch getötet wurden.

 

„Die Vergessenen“ von Ellen Sandberg ist ein Roman der die dunkele Zeit Deutschlands behandelt.
Es gibt zwei Erzählstränge, einmal die Gegenwart und einmal die Vergangenheit.
Vera Mändler kommt hinter das Geheimnis ihrer Tante, die zu Kriegszeiten in einer Heil- und Pflegeanstalt gearbeitet hat. Sie möchte gerne in Erfahrung bringen ob ihre Tante, die ihr immer näher als ihre Mutter gewesen war, etwas von den Morden an den Kindern und Erwachsenen gewusst hatte oder sogar daran beteiligt gewesen ist.
Dazwischen gibt es dann immer wieder Passagen von Kathrin Mändler, der Tante. Von ihrer Arbeit in der Heil- und Pflegeanstalt und von ihrem Verhältnis mit Dr. Landmann dem Leiter der Anstalt.
Es ist erschütternd was man da liest. Wie Menschen, nur weil sie behindert sind und nichts zum „Allgemeinwohl“ beitragen konnten einfach verhungern mussten oder getötet wurden.
Heute kann man sich so etwas zum Glück gar nicht mehr vorstellen. Hat ein Kind das Mongolid ist kein Recht zu leben?
So eine Frage darf gar nicht erst gestellt werden.
Manche Passagen sind wirklich erschütternd aber es gehört zu unserer Vergangenheit und sollte nicht in Vergessenheit geraden.
Auch Manolis Leferis versucht die Akten, die Kathrin Mändler an einem sicheren Versteck aufbewahren soll zu finden.
Manolis leidet auch an der Vergangenheit. Sein Vater hat ihm, als er noch ein Kind war von einem Massaker der Deutschen in einem  griechischen Dorf erzählt. Bis heute verfolgen ihn die Morde in seinen Träumen.
Eine Sammelklage der Betroffenen wurde abgewiesen. Niemand wurde zur Rechenschaft gezogen.
„Die Vergessenen“ ist ein Roman der dem Leser sehr viele Gefühle abverlangt. Es wechselt von Mitleid zu Wut und zu Trauer.
Natürlich ist es eine fiktive Geschichte, im Nachwort schreibt die Autorin allerdings, dass Ähnlichkeiten zu einem anderen Ort in Griechenland und zu einer anderen Heil- und Pflegeanstalt
durchaus beabsichtigt sind.
Der Roman ist sehr gut recherchiert, viele Details finden Erwähnung.
Der Schreibstil ist flüssig, man kann sich die Geschehnisse visuell vorstellen ohne, dass zu viel Überflüssiges und Seitenfüllendes erzählt wird.
Hinter dem Namen Ellen Sandberg verbirgt sich schließlich kein geringerer als die Bestsellerautorin Inge Löhnig, die diesen Roman, der ein anderes Genre bedient unter einem Pseudonym veröffentlicht hat.
„Die Vergessenen“ ist ein Buch das ich bedingungslos empfehlen möchte da es mich sehr berührt hat.