Rezension

Spannend und authentisch

Saskias Gespenster
von Corinna Antelmann

Bewertet mit 5 Sternen

Saskia kommt nach dem Tod ihrer Eltern ins Heim. Auf dem Weg dorthin bemerkt sie ein Gespenst, weshalb sie so schnell wie möglich zum Friedhof zurückkehrt, um es zu besuchen.

Saskias Auftakt im Heim verläuft ungünstig. Ihr neues Zimmer soll sie mit einem Mädchen teilen, das ihr unmissverständlich mitteilt, dass sie unerwünscht ist. Dr. Schäfer, der Psychologe, will ihr helfen, über alles hinwegzukommen. Doch Saskia ist nicht bereit dazu. Sie beginnt, den Tod ihrer Eltern zu verleugnen - weil die Gespenster auf dem nahe gelegenen Friedhof ihr erzählen, dass es durchaus sein könnte, dass sie eigentlich Geheimagenten sind und untertauchen mussten, dass im Krankenhaus ein Fehler begangen wurde und andere im Grab liegen ...

Deshalb willigt sie ein, mit einem Gespenst ins Krankenhaus zu fahren, um nach ihren Eltern zu suchen. Dass das Gespenst selbst auch noch etwas im Krankenhaus zu erledigen hat, begreift sie seiner ganzen Tragweite sehr spät.

Doch trotzdem lässt sie sich nicht davon abhalten, weitere Ausflüge mit anderen Gespenstern zu unternehmen.

Ihre Situation im Heim verbessert sich ein wenig, da sie Zutrauen zu Oskar fasst, einem Jungen in ihrem Alter, der seltsamer Weise mehr Freiheiten zu haben scheint als die anderen.

Dann ist da noch Ignaz, ein Mann, der ebenfalls auf dem Friedhof haust.

Plötzlich geschieht etwas völlig Unerwartetes, auf das ich aus Spoilergründen hier nicht näher eingehen will. Es verändert jedoch alles, Saskias Situation und ihre Einstellung zu Leben und Tod.

Das Ende ist hoffnungsvoll.

Als ich das Buch in den Händen hielt und den Titel las, fasste ich ihn im ersten Augenblick zweideutig auf, musste beim Lesen jedoch recht schnell feststellen, dass ich es mit echten Gespenstern (mit ihren ganz eigenen Regeln - sehr witzig) zu tun bekam. Die Autorin erzählt so beeindruckend von ihnen, dass man das Surreale schnell vergisst und ihr bereitwillig in diese Welt folgt.

Die sehr persönliche Erzählhaltung (die Leserinnen und Leser erfahren alles, was Saskia denkt) führt zu einer großen Identifizierung mit der Figur Saskia, die das ganze Buch über auf der Suche ist, nach ihren Eltern, nach sich selbst, nach Freunden, nach einem Platz zum Leben.

Die Autorin hält gekonnt die Waage zwischen surrealen und wirklichen Ereignissen, spielt immer wieder mit den Erwartungen des Lesers, lässt es anders kommen als gedacht und dann wieder doch nicht.

Der Stil ist flüssig, lässt sich ganz hervorragend lesen und erzeugt einen Sog. Man möchte gern wissen, wie es weitergeht. Die Dialoge treiben die Handlung voran. Saskias Gedankenströme lassen sie sympathisch erscheinen und machen ihre Entscheidungen nachvollziehbar.

Auch das Titelbild - schmutziggrüner Hintergrund, im Vordergrund ein Friedhof in Schwarzgrau, mit einer Hängematte zwischen den Grabsteinen, auf der ein Mädchen liegt in Rot - macht neugierig und passt hervorragend zum Titel.

Ein wirklich rundum gelungenes Buch.