Rezension

Spannend und ungewöhnlich

Er liebt sie nicht - Sharon Bolton

Er liebt sie nicht
von Sharon Bolton

Bewertet mit 4 Sternen

Charismatisch, erfolgsverwöhnt, gut aussehend, intelligent und ein verurteilter Serienkiller, der vier stark übergewichtige Frauen umgebracht haben soll, ist Hamish Wolfe. Er beteuert jedoch seine Unschuld. Damit sein Fall neu aufgerollt werden kann, bittet er Maggie Rose, eine erfolgreiche knallharte Anwältin und True-Crime-Autorin, die schon mehrere verurteilte Straftäter wieder freibekommen konnte, um Hilfe. Sie widersetzt sich seinen Bitten, was dem Polizisten, der Hamish seinerzeit festgenommen hat, sehr recht ist. Dieser Thriller lebt davon, wie die Protagonisten miteinander umgehen und was sie sagen oder nicht sagen. Als Leser ist man ständig auf der Suche nach Hinweisen, die einem verraten können, was wirklich vorgefallen ist und wer hier falsch spielt.

Den deutschen Titel des Buches halte ich für gut gewählt, das Cover spricht mich allerdings nicht an und ich kann im nachhinein auch keinen Bezug zum Inhalt des Buches herstellen. Beim englischen Original finde ich das besser und ansprechender gelöst.

Der Thriller spielt im Südwesten Englands und wird aus personaler Erzählperspektive dargestellt, wobei teilweise eine recht bildhafte Sprache gewählt wird, die für eine gute Vorstellungskraft sorgt:

„Die Kammer ist riesig, als wäre die ganze Felswand hohl, und noch immer sehen die Felsen um sie herum aus wie lebendiges Gewebe. Fast könnte sie sich einbilden, im Bauch irgendeiner gigantischen Kreatur zu sein. Dass, wenn sie die Hand ausstreckt und die Wände berührt, diese warm wären, unter ihren Fingern nachgeben würden, dass Blut darin pulsieren würde.“ (S. 77)

Dennoch handelt es sich bei diesem Thriller um kein Buch, bei dem die unschön zu Tode gekommenen Opfer über Gebühr blutrünstig beschrieben werden oder ein Fokus auf gewalttätige Szenen gelegt wird.

Maggie und Hamish sind gut ausgearbeitete, aber auch sehr eigenwillige und ungewöhnliche Charaktere, deren scharfsinnige und kluge Denkweise wir aufgrund der Erzählperspektive mitverfolgen können. Ihre Art und Handlungsweise ist vor allem berechnend und manipulativ. Richtig sympathisch werden einem diese Personen nicht. So fiebert man zwar der Auflösung entgegen, die am Ende auch überraschend ist, aber durch die mangelnde Nähe zu den agierenden Personen fühlt man ansonsten nicht mit.

Die Handlung erschließt sich auf anschauliche und abwechslungsreiche Weise. Neben dem Erzähler erfahren wir durch handschriftliche Briefe zwischen Maggie und Hamish, Briefe von Hamish an eine Unbekannte, Briefe einer Unbekannten an Hamish, eMails, unterschiedlichste Zeitungs- und Online-Artikel, ein psychiatrisches Gutachten und nicht zuletzt durch Maggies Buchentwurf unterschiedlichste Details, die sich zu einem lückenhaften Gesamtbild zusammenfügen, bei dem die Spannung bis zum Schluss erhalten bleibt.

Wer einen spannenden Thriller mit ungewöhnlichen Protagonisten und einem überraschenden Ende lesen möchte, dem könnte „Er liebt sie nicht“ von Sharon Bolton gefallen