Rezension

​ Spannende Themen, beeindruckende Recherche, aber leider ohne roten Faden

Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen - Margot Lee Shetterly

Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen
von Margot Lee Shetterly

Bewertet mit 3 Sternen

​ Drei sehr spannende Themen in einem extrem detailliert recherchierten Buch zusammengefasst, das sich jedoch manchmal in seinen vielen Namen, Zahlen und Fachbegriffen verliert


Inhalt

"Hidden Figures" ist das Ergebnis jahrelanger Recherchen der Autorin zu den sogenannten "schwarzen Computern" - farbigen Mathematikerinnen, die seit den 40er-Jahren für die NACA bzw. später NASA arbeiteten. Dabei konzentriert sich das Buch vor allem auf das Leben von Katherine Goble, Dorothy Vaughan und Mary Jackson, spricht aber auch viele Entwicklungen in der Raumfahrt und dem Kampf gegen Rassentrennung an.

Meinung

Genau wie der darauf basierende Film reizte mich "Hidden Figures" wegen der spannenden Themen-Mischung. Die Geschichten intelligenter, erfolgreicher Frauen, die sich gegen Vorurteile durchsetzen, sprechen mich immer sehr an und die in den USA viel zu lange vorherrschende Rassentrennung finde ich nach wie vor sehr erschreckend und lese immer wieder gerne von den Menschen, die sich gehen die vorherrschende Diskriminierung wehrten. Gewürzt wird die Mischung dann noch mit Informationen über die amerikanische Flugindustrie und die Raumfahrt, über die ich nicht besonders viel wusste, die aber ebenfalls sehr spannend klangen.

Informativ und interessant ist "Hidden Figures" wirklich. Sogar so, dass mir trotz wahnsinnig vieler Zahlen, Namen, Daten und Fachbegriffe nie langweilig wurde und sich das Buch sehr leicht lesen lies. Das liegt wohl zu großen Teilen auch an der Leidenschaft der Autorin für dieses Thema, die auf jeder Seite zu spüren und dadurch wirklich ansteckend ist.
Wie begeistert und motiviert Margot Lee Shetterly das Thema ihres Buches anging, lässt sich auch an dem seitenlangen Quellenverzeichnis erkennen, das zeigt, dass sie sich viele Stunden durch die Archive der NASA gewühlt hat und etliche Interviews mit den Personen selbst oder Freunden, Verwandten und Kollegen geführt hat. Beinahe jede Aussage, die sie in ihrem Buch trifft, ist mit einer Fußnote gekennzeichnet, die auf die entsprechende Quelle verweist, sodass man weiß, dass auch die vielen Informationen über das Privatleben der erwähnten Personen und Interna zuverlässigen Quellen entstammen und nicht dazugedichtet wurden.
Die zahlreichen Details, die eingebaut wurden, lassen die Ereignisse, auch wenn sie schon Jahrzehnte zurückliegen, alle sehr lebendig wirken.

Spannend ist auch der recht analytische, wissenschaftliche Blick, den das Buch auf dem Umgang farbiger Menschen mit der Rassentrennung wirft.
Auf der einen Seite beschreibt Margot Lee Shetterly die Bürgerrechtsaktivist*innen, auf der anderen Seite erzählt sie aber auch, dass Katherine beispielsweise sich nie aktiv gegen die Benachteiligung einsetzte, sondern sie einfach ignorierte und die meisten ihrer Kollegen in ihr nur eine gute Wissenschaftlerin sahen und sich nicht daran störten, dass sie über viele Regeln der Rassentrennung einfach hinwegsah. Diesen recht entspannten und mehr wissenschaftlichen als sozialpolitischen Ansatz an die Problematik fand ich sehr spannend, da er zeigt, dass es auch damals schon Menschen gab, die andere einfach aufgrund ihres Verhaltens und ihrer Leistung und nicht Aufgrund ihrer Hautfarbe beurteilten.
Gleichzeitig beweist er aber auch, dass viele Fortschritte in Sachen Rechte der Farbigen aus reinem Pragmatismus und weniger aus Überzeugung entstanden, da man beispielsweise schwarze Mathematikerinnen ursprünglich nur einstellte, weil man nicht genügend weiße fand.

Die Begeisterung der Autorin für ihre Themen ist aber gleichzeitig auch Grundlage des in meinen Augen größten Schwachpunkts des Buches. Zu viel wollte Margot Lee Shetterly auf einmal einbauen, zu viele Personen und Ereignisse sollten noch Erwähnung finden, dieses und jenes benötigte noch eine Erklärung als Grundlage und viele Ereignisse waren eng mit anderen verwoben, deren Geschichte man wiederum kurz erläutern musste. So kommt es, dass sie sehr oft zwischen Themen, Jahren und den Lebensgeschichten verschiedener Personen hin und her springt, auf einer Seite noch Dorothys Familienleben beschreibt, auf der nächsten auf einmal von Bürgerrechtsaktivisten und kurz danach vom Personalbüro des Langley Research Centers erzählt. Als Leserin konnte ich leider das gesamte Buch hindurch kein Konzept und keinen roten Faden erkennen und obwohl mich die Themen sehr interessiert haben, verwirrten mich die Themensprünge doch sehr. Das fand ich schade, denn wer so viele Jahre in die Arbeit an einem Buch steckt, hätte sich ruhig auch etwas mehr Gedanken über ein Konzept machen können.

Durch die wahnsinnig vielen Informationen, die alle auf einmal in das Buch gequetscht wurden, war ich manchmal auch überfordert von den vielen Namen, die ich kennen, und Sachverhalten, die ich verstehen sollte.
Viele Details erschienen mir allerdings auch recht überflüssig, beispielsweise die Beschreibung des guten Aussehens eines Matheprofessors oder die des Schmucks auf der Hochzeit von Katherines Schwägerin.

Fazit

"Hidden Figures" beeindruckt durch die unglaublich detaillierte Recherche der Autorin, deren Werk man anmerkt, mit wieviel Begeisterung sie sich ihm gewidmet hat. Die drei angesprochenen Themen sind allesamt sehr spannend und lebendig und interessant beschrieben.
Teilweise verliert die Autorin sich jedoch auch in unnötigen Details und baut zu viele Themensprünge und unübersichtlich viele Namen und Daten ein, sodass es schwerfällt zu folgen und darin ein System zu sehen. Ich kann daher nur knapp 3 Sterne vergeben.