Rezension

Spannender Auftakt

Die Auserwählten - Im Labyrinth - James Dashner

Die Auserwählten - Im Labyrinth
von James Dashner

Bewertet mit 4 Sternen

"Sein Gedächtnisverlust war seltsam. Wie die Welt funktionierte, war ihm relativ klar - aber ihm fehlten alle spezifischen Erinnerungen, Namen, Gesichter. Wie ein Buch, das komplett war, bei dem aber in jeder Zeile ein Wort fehlte und bei dessen Lesen man immer verwirrter und frustrierter wurde." Pos. 264

Zum Inhalt

Thomas erwacht in einem Aufzugschacht, der nach oben fährt. Er weiß nicht, wo er ist noch wo er hingebracht wird - er weiß nicht mal, wer er ist.

Als er oben ankommt, erwartet ihn ein grausames Spiel, dessen Regeln er nicht kennt. Mit ihm sind sind ca. 50 Jugendliche auf der "Lichtung", einer großen, kargen Fläche, die seine Vorgänger bewohnbar gemacht haben. Es gibt ein Holzhaus, Nutztiere und sogar einen kleinen Wald innerhalb der Grenzen, denn die "Lichtung" ist von meterhohen Mauern umgeben. Sie sind eingeschlossen, doch jeden Morgen öffnen sich Tore, die ins vermeintlich Freie führen: das Labyrinth. Seit Jahren versuchen die sogenannten Läufer, einen Weg hinaus zu finden, doch jede Nacht ändern sich Wege und es gibt grausame Wächter, die den Tod bedeuten.

Thomas hat keine Ahnung, warum er hier ist. Außer an seinen Namen hat er keine Erinnerung an seine Vergangenheit und auch die anderen scheinen nicht zu wissen, welches Leben sie vor der Zeit im Labyrinth hatten. Schneller als ihm lieb ist gewöhnt er sich an den routinierten Tagesablauf, aber er fühlt sich ausgeschlossen, denn irgend etwas stimmt nicht mit ihm. Alles kommt ihm seltsam vertraut vor und er ahnt nicht, woher der brennende Wunsch in ihm kommt, sich den Läufern anzuschließen.
Als auch noch das erste Mädchen aus dem dunklen Aufzugsschacht auftaucht, ändert sich alles ...

Meine Meinung

Da ja der Kinofilm bald startet, wollte ich unbedingt das Buch noch vorher lesen. Das Cover wirkt auf mich jetzt nicht wirklich ansprechend, dafür gibt es aber eine Neuauflage des Verlags, die schon etwas besser die Stimmung des Buches widerspiegelt.

Das Buch wurde ja für Jugendliche ab 13 Jahren empfohlen, was man auch beim Schreibstil merkt. Sehr einfach gehalten und dadurch auch flüssig zu lesen, fliegen die Seiten nur so dahin. Der Slang, den sich die Jugendlichen angewöhnt haben, wirkt anfangs etwas komisch, aber ich hab mich während dem Lesen dran gewöhnt. Da gibt es z. B. "Klonk" für Sch...e, "Strunk" oder "Neppdepp" als abwertende Bezeichnung untereinander. Daran muss man sich erst gewöhnen ^^
Die kurzen Kapitel halten die Spannung hoch und auch die Perspektive aus der Sicht von Thomas; denn genau wie er weiß ich als Leser nicht mehr als er und muss jedes neue Detail zu einem Puzzle zusammenfügen, ohne zu wissen, was daraus letztendlich entstehen soll.

Im ersten Drittel haben mich die vielen Wiederholungen gestört, die Thomas gedanklich durchlebt hat. Auch kam er mir recht naiv und kindisch vor, obwohl er ca. 16 Jahre alt sein soll. Auch sein Verhalten anderen gegenüber fand ich nicht immer fair - vor allem gegenüber Chuck, dem 12jährigen und somit jüngsten Mitglied der Gruppe, dem die anderen ihm am ersten Tag als "Freund und Helfer" zur Seite gestellt haben. Man muss Thomas auch oft mit der Nase auf Dinge stoßen, die selbstverständlich sind - auch wenn man es auf den Gedächtnisverlust schieben kann, wirkt es doch manchmal etwas konstruiert und aufgesetzt. Ich konnte ihn oft schwer einschätzen, weil er sich unsicher ist und sich selber ausbremst - ständig ändert er seine Meinung, ist unstet in seinen Gefühlen, wirkt aber zunehmend überlegt und wächst mit den Aufgaben, die das Labyrinth ihm stellt.
Mit Alby, dem Anführer, hat er es von Anfang an nicht leicht als Frischling. Alby ist überheblich und versucht mit allen Mitteln, die Regeln aufrecht zu erhalten, die die Jugendlichen diese extreme Situation überleben lassen.
Newt hat unter ihnen ebenfalls einen hohen Rang und versteht sich ganz gut mit Thomas. Von ihm bekomt er auch die meisten Informationen, denn alle anderen schweigen sich bei seinen Fragen aus.
Am schlimmsten ist es mit Gally, der Thomas von Anfang an als Spion der "Schöpfer" des Labyrinths verdächtigt, aber da es keine Beweise gibt, wird Thomas wie jeder andere von den anderen aufgenommen und akzeptiert.

Die Kids sind durch die Umstände verroht. Die Gefahr, der Tod und die Ausweglosigkeit sind allgegenwärtig und im Grunde versuchen sie nur, irgendwie mit dieser verrückten Situation klarzukommen.

Nach dem ersten Drittel geht es dann richtig los, es wird spannend und die Ereignisse überschlagen sich. Man scheint dem Geheimnis näher zu kommen und tappt dennoch im Dunkeln. Je weiter man kommt, desto mehr steigert sich das Tempo und alles erscheint komprimierter. Die Auflösung für diesen ersten Band ist geschickt gemacht, hätte mich aber ruhig noch mehr überraschen können. Die Erklärung schneidet die wirklichen Hintergründe nur an und ich kann mich noch nicht so ganz damit abfinden. Ich hoffe jetzt, dass sich in den Fortsetzungen alles zusammenfügen und mich überzeugen wird :)

Trotz einiger kleiner Unstimmigkeiten und einem eher flapsigen Ton der Geschichte kommt ein sehr interessanter Aspekt zum Vorschein: der Glaube, dass das ganze einen Sinn hat und diesen ergründen zu wollen. Die Jugendlichen klammern sich an den Gedanken, dass "jemand" dieses Labyrinth geschaffen hat und nennen ihn bzw. sie die "Schöpfer".
Sie könnten sich einfach auf die "Lichtung" beschränken und ihr Leben so gut es geht bewältigen - doch sie schicken unermüdlich ihre "Läufer" los, um den Sinn dieser "Welt" zu begreifen und die Hoffnung auf ein Entkommen aufrecht zu erhalten. Darüber kann man sich schon einige Gedanken machen und ich bin gespannt, ob der Autor diesen Faden in der Fortsetzung weiterspinnen wird.

Fazit

Ein wirklich packendes, abgedrehtes Abenteuer in einer düsteren Welt, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint. Mit einer sehr einfachen, jugendlichen Sprache besticht die Handlung mit ihrer rasanten Dramatik; die Auflösung lässt noch einiges offen und ich hoffe, dass die Fortsetzungen eine gute Erklärung bieten werden!

© Aleshanee
Weltenwanderer