Rezension

Spannender Thriller über Vertrauen und die Suche nach der eigenen Identität.

Before I Go to Sleep - S. J. Watson

Before I Go to Sleep
von S. J. Watson

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt
Christine Lucas wacht zu Beginn des Buches neben einem ihr fremden, älteren Mann auf. Sie befürchtet, dass sie eine Affäre mit ihm hat, kann sich aber an nichts mehr erinnern. Ben, der Mann aus dem Bett, erzählt ihr, dass sie an einer Amnesie, ausgelöst durch einen Autounfall, leidet, sie eigentlich 47 Jahre alt ist und nicht wie von ihr angenommen Anfang zwanzig und dass sie schon über Jahrzehnte hinweg mit ihm verheiratet ist. Ihre Krankheit ist dadurch geprägt, dass sobald Christine schläft, sie ihr Gedächtnis verliert. Als Ben zur Arbeit aufbricht, erhält die Protagonistin einen Anruf von Dr. Nash, der ihr mitteilt, dass sie gemeinsam an ihrem Erinnerungsvermögen arbeiten und Christine seit kurzer Zeit ein Tagebuch führt. Er meint, dass Ben davon nichts weiß und verrät ihr, wo sie es versteckt. Als sie es aufschlägt lauten die ersten Worte in ihrer Handschrift: DON'T TRUST BEN.

Titel und Cover (bezieht sich auf das Filmcover)
Der Titel der Originalausgabe gefällt mir leider nicht so gut wie der deutsche Titel „Ich. Darf. Nicht. Schlafen.“. Bei letzterem wird deutlich, dass während oder nach dem Schlafen etwas passiert, was es zu verhindern gilt. „Before I go to sleep“ hört sich meiner Meinung nach nicht bedrohlich genug an. Es könnte sich auch um eine Gute-Nacht-Geschichte handeln.
Das Cover der Filmausgabe gefällt mir jedoch sehr. Die Streifen, die sich durch die drei Gesichter ziehen, erinnern mich an eine Fassade, welche in einem Buch über Identität(sverlust) und Vertrauen eine entscheidende Rolle spielt. Wer ist wirklich das, was er zu sein scheint?

Stil
Das Buch ist in drei Abschnitte geteilt: Today, The Journal of Christine Lucas, Today. Der Leser wacht gemeinsam mit einer verwirrten Christine auf und versucht gemeinsam mit ihr im zweiten Abschnitt, in dem die Protagonistin selbst und der Leser das Buch liest, ihre Vergangenheit zusammenzusetzen. Trotz vieler Kommentare in dem Tagebuch, die auf vorherige Einträge verweisen, wirkt der Text aufgrund der Wiederholungen nicht langatmig, sondern realistisch, da nun mal jeder Tagebucheintrag darauf basiert, dass die Protagonistin die vorherigen Einträge gelesen hat. Der Autor kürzt es hier an den richtigen Stellen, sodass sich das Buch sehr flüssig liest.
Durch immer wieder auftretende Wendungen, die im Verlauf des Tagebuchs auftreten, wird der Leser herumgewirbelt. Wie Christine konnte ich nicht sagen, wem zu trauen ist und wurde gemeinsam mit ihr ein kleines bisschen paranoid. Der Thriller hat also seine Aufgabe erfüllt.

Protagonistin
Christine wacht jeden Morgen auf ohne zu wissen wo sie ist, wer die Person neben ihr im Bett ist und vor allem ohne jegliches Wissen darüber wer sie selbst ist. Mal fühlt sie sich wie eine junge Frau, mal wie ein kleines Mädchen, und mal in dem Körper ihrem Alter entsprechend. Sie hat keinen Überblick darüber, was in ihrem Leben passiert ist. Doch sie kämpft. Sie will nicht mehr vergessen. Dieser Biss, aber auch die Einbrüche ihrer Stärke sind authentisch dargestellt. Man fiebert mit Christine mit, teilt ihr Misstrauen und unterstützt ihr Vorgehen gegen die Ungewissheit. Sie ist ein sehr sympathischer Charakter, den ich gerne durch das Buch begleitet habe.

Fazit
Das Buch hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. „Glaubwürdige“ Charaktere und zahlreiche Wendungen untermalen die Suche nach den Bausteinen des Lebens von Christine Lucas und verfeinern das Lesevergnügen. Insgesamt gibt es von mir fünf von fünf Sternen: Gute Idee, guter Aufbau, guter Schreibstil, gute Charaktere und am Ende ein zufriedener Leser.