Rezension

Spannender Weihnachtskrimi

Alles schläft, einer wacht! - Katrin Rodeit

Alles schläft, einer wacht!
von Katrin Rodeit

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ich antwortete nicht, der starke Kloß in meinem Hals hinderte mich daran.Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass irgendjemand jemals etwas zu mir gesagt hatte, dass schöner gewesen war...“

 

Tobias Kohler erscheint bei der Privatdetektivin Jule Flemming. Im Fernsehen will er auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt seine Frau erkannt haben. In wenigen Wochen soll sie allerdings für tot erklärt werden, denn sie war beim Tauchen verunglückt. Allerdings wurde ihre Leiche nie gefunden. Jule will den Mann nicht vor den Kopf stoßen. Deshalb will sie die Putzfrau finden, um Herrn Kohler vom Gegenteil seiner Vermutung zu überzeugen. Noch ahnt Jule nicht, dass die Suche nach Kohlers angeblicher Frau gefährlich ist.

Als Jule am Abend nach Hause kommt, wartet vor der Tür Kriminalkommissar Mark. Jule und er hatten sich vier Monate nicht gesehen. Deshalb ist eine gewisse Distanziertheit spürbar.

Die Autorin hat einen fesselnden Kriminalroman geschrieben. Es ist der vierte Band mit Jule. Ab und an gibt es kurze Hinweise auf den Vorgängerband. Sie verraten wenig, wecken aber das Interesse.

Nach ihrem letzten Fall hatte sich Jule von allen zurückgezogen. Sie brauchte Zeit, um das Geschehen zu verarbeiten. Nun wagt Jule einen Neubeginn. Dazu gehört, dass sie wieder in den Ulmer Jazzkeller besucht. Dort bittet sie ihre Intimfeindin Cosima plötzlich um Hilfe. Damit hat Jule einen zweiten Fall zu bearbeiten.-

Der Schreibstil des Buches lässt sich gut lesen. Die Autorin versteht es, den Spannungsbogen hochzuhalten. Dazu trägt auch die ausgewogene Bilanz zwischen Ermittlung und Privatleben bei. Hinzu kommt, das die unterschiedlichen Fälle und Handlungsorte für Abwechslung sorgen. Geschickt führt die Autorin zwei Personen ein, deren Tun und Handeln ich als Leser zwar verfolgen darf, ansonsten aber weiß ich kaum etwas über sie. ER mordet, um seinen Bruder zu rächen. SIE verbirgt sich in einer Schrebergartenanlage, weil ihr Leben soeben zerbrochen ist. Im Spannungsfeld zwischen IHM und IHR ermittelt Jule, ohne es zu wissen. Ruhepunkte im Geschehen sind Jules Besuche im Jazz-Keller. Dort kann sie abschalten. Gleichzeitig wird die behutsame Annäherung von Jule und Mark mit treffenden Worten und ausgefeilten Dialogen wiedergegeben. Dabei lernt Jule, Vertrauen zu fassen und Hilfe zu suchen. Natürlich bleiben gerade bei fachlichen Themen heftige Wiederworte zwischen beiden nicht aus. Trotzdem lernt Jule Mark schätzen. Obiges Zitat ist von Jule nach einem feinfühligen Gespräch mit Mark. Jules Mutter muss man nicht mögen. Sie hat nie begriffen, dass ihre Tochter erwachsen ist. Privatsphäre ist für sie ein Fremdwort. Gut gelungen ist die Beschreibung des Ulmer Weihnachtsmarktes. Hier werden treffende Metapher verwendet. An passenden Stellen kommt der Humor nicht zu kurz.

Ein Personenverzeichnis zu Beginn ergänzt die Handlung.

Im Gegensatz zu den schwarz grundierten Vorgängerbänden steht hier das helle Cover für Aufbruch.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Das lag an den sympathischen Ermittlern, aber auch an der komplexen Handlung, die mich als Leser in die Vergangenheit der Protagonisten führt und zeigt, dass Schweigen oftmals die falsche Lösung ist.