Rezension

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Spannendes Abenteuer mit konfusem Mystery-Einschlag

Blind Walk - Patricia Schröder

Blind Walk
von Patricia Schröder

Bewertet mit 2.5 Sternen

Auf einen spannenden Jugendthriller hatte ich mich gefreut, doch der Lesespass wurde mir ein wenig durch eine eingeschobene konfuse Mystery-Szenerie verleidet und auch das Ende hätte meiner Meinung nach runder, und vor Allem: realistischer, sein können.

"Blind Walk" war mir bereits zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aufgefallen: Ein wenig liess mich die Kurzbeschreibung an Stephen King, vornehmlich seinem "Todesmarsch", und an Alice Gabathulers "dead.end.com", ein kleines bisschen auch an Michelle Ravens "Crossroads" denken. Letztlich erwartete ich einen spannenden Jugendroman, der (vermutlich) bereits bekannte Elemente zu einer ganz neuen Geschichte zusammensetzen würde, doch für mich verlor sich die Spannung beim Lesen. 

"Blind Walk" wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt: Hauptsächlich liest man hier aus der Figur der Protagonistin Lida heraus, aber schon bald gibt es Perspektivenwechsel in die Figur des Sten hinein, dessen Rolle in der Geschichte zunächst fraglich bleibt. Aufgrund Stens Erzählungen und einer weiteren Erzählperspektive, in denen aussenstehend vom Geschehen in einem Krankenhaus berichtet wird, ist allerdings sehr bald offensichtlich, dass Sten derzeit im Koma liegt und klinisch betreut wird.
Trotz der diversen Perspektiven hatte ich kein Problem damit, die Handlung nachverfolgen zu können. 

Was mich allerdings arg gestört hat, war, dass Lida sehr früh ebenfalls zu einem Opfer wird, woraufhin auch sie eine ausserkörperliche Erfahrung macht und sich so mit dem Geist Stens zusammentut, der sich obskurerweise von ihr gerufen fühlt und natürlich verbinden sich die Geschichten hier später. Nichtsdestotrotz hatte ich das Gefühl, dass Lida nur deswegen zum Geist wurde, damit Sten auch irgendwie aktiv in die Handlung eingebunden werden konnte: Tatsächlich würde es mir persönlich auch sehr viel besser gefallen haben, hätte eine putzmuntere Lida gemeinsam mit einer mehr und mehr zusaammenrückenden Gruppe (deren dargestellte Dynamik ich nämlich auch absolut furchtbar fand) einen Ausweg gesucht und gefunden - und da im Team (quasi in bester TKKG-Manier) versucht, das Geheimnis hinter dem ganzen "Blind Walk" sowie der Ermordung ihres Fahrers zu lüften. 
Ich mochte den Drift in die Zwischenwelt hier wirklich gar nicht. 

Den Einstieg in die Geschichte fand ich eher durchschnittlich, recht genre-typisch, aber als ich ungefähr zur Mitte der Geschichte vorgedrungen war, habe ich doch überlegt, den Roman an dieser Stelle abzubrechen: Lida geisterte inzwischen herum, aber ansonsten passierte kaum etwas, und mich interessierte die Auflösung eigentlich auch gar nicht mehr, zumal es nun ab und an kleine Hinweise gab und dank der diversen Perspektiven, die ja klar darauf hindeuteten, dass hier dieselbe Geschichte nur von verschiedenen Seiten beleuchtet wurde, fand ich es recht absehbar, was eigentlich hier das Hauptmotiv sein würde - obschon ich mir nicht erklären konnte, weswegen man hier eine ganze Gruppe Jugendlicher ausgesetzt hatte, um sie im Rahmen eines "Spiels" aus einer Verirrungssituation herausfinden zu lassen, da das doch unweigerlich auffallen müsste?
Eigentlich war das Gruppenwesen für mich auch das grösste Rätsel im Roman, aber wie gesagt: Irgendwie war mir der Grund doch auch ziemlich egal, mich konnte die Geschichte einfach nicht fesseln, zumal ich Lida auch als eher distanziert empfand und es mir nicht möglich war, einen echten Bezug zu einer der Figuren aufzubauen. Ich konnte einfach nicht mitfiebern und mitbangen. 

Nun bin ich allerdings längst erwachsen und habe bereits sehr viele Bücher aus dem Spannungsbereich, egal, ob nun Thriller oder Mystery, gelesen, während die Zielgruppe ja doch eher jugendliche Leser sind, die nicht zuletzt aufgrund ihres Alters noch nicht so viele Erfahrungen mit derlei Geschichten haben dürften, so dass dieses Konstrukt für sie tatsächlich neu sein dürfte.
Kurz dachte ich auch, dass ich diese Geschichte mit ca. 12 Jahren bestimmt geliebt haben würde, allerdings folgte eine Szene, in der jemand, der vorher tagelang bettlägerig war, unvermittelt wie ein junger Hase in der Gegend herumzuspringen begann: Dass die Muskulatur nach mehreren Tagen des ausschliesslichen Liegens nicht viel eher an Wackelpudding erinnern sollte, würde ich auch mit 12 nicht geglaubt haben.
Grade der finale Showdown war hier völlig surreal und einfach absolut unglaubwürdig. 

Ich habe mich nach dem Lesen wirklich geärgert, denn die Kurzbeschreibung klang so interessant und ich meine nach wie vor, dass die Handlung ungemeines Potential besitzt, sie eben auch als ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen einer Gruppe sich bislang nicht kennender Jugendlicher auf Abenteuersuche und einem psychopathischen Verfolger ganz und gar in der realen Welt stattfinden zu lassen. 
Aber der Spuk liess die Geschichte für mich eben einfach weder Fisch noch Fleisch, sondern nur irgendein schlammigaussehener, nach Nichts schmeckender Brei sein. Sehr, sehr schade um die tolle Grundidee!