Rezension

Spannendes Porträt über Mata Hari

Die Spionin - Paulo Coelho

Die Spionin
von Paulo Coelho

Bewertet mit 5 Sternen

Der letzte Roman von Paulo Coelho, den ich wirklich klasse fand, war "Der Alchimist". Die danach folgenden Romane entsprachen ist ganz so meinem Geschmack bzw. wirkten inhaltlich und sprachlich dünner. 

Mit seinem neuestem Werk "Die Spionin" konnte mich der Altmeister der atmosphärisch gelungenen Erzählung hingegen wieder vollends überzeugen. Das 192-seitige Porträt über Mata Hari (1876- 1917), einstige Skandaltänzerin und Spionin, liest sich schnell und mit Gewinn. Vor der Lektüre hatte ich nur eine wage Vorstellung von der Person Mata Hari, die aus den Niederlanden stammte und eigentlich Margaretha Zelle hieß. Dies änderte sich allerdings mit diesem Roman. Besonders gefiel mir hierbei Coelhos Herangehensweise an die Thematik. In Form eines fiktiven Abschiedsbrief lässt er die einstige Femme fatale selbst über ihr Leben und Wirken berichten. 

Mata Haris Leben kennzeichnen allerlei Brüche. Im Jugendalter wird sie vom Schuldirektor missbraucht, dann heiratet sie einen trinkenden und untreuen Offizier aus Niederländisch-Ostindien, den sie später samt ihrer Tochter verlässt, um in den damaligen Metropolen Europas (Paris, Berlin, Madrid etc.) als Showtänzerin aufzutreten. Die emanzipierte, attraktive Frau hat wechselnde, einflussreiche Liebschaften, aus denen sie Kapital, aber keine "echte" Liebe schlägt. Umgeben von kostbarem Schmuck und Kleidern lebt sie ein Leben auf der Überholspur, bis der Erste Weltkrieg ihre Engagements als Tänzerin abflauen lässt und sie zum Ziel verschiedener Geheimdienste wird. Sie wird zur Doppelagentin gemacht und bald darauf vermutlich unschuldig 1917 in Vincennes (Paris) hingerichtet. 

Ihre tragische Geschichte sowie ihre skandalöse Karriere rührt den Leser an. Sie verstieß um die Jahrhundertwende gegen viele gängige Konventionen und wurde von Mächtigen dafür verehrt. Den Fakt, dass sie damit auch ein Stück weit ihre Seele verkauft hat, spart Coelho bei seinen Schilderungen nicht aus. 

"Und genau das war ich, eine Spielerin. Eine Spielerin, deren Ziel im Spiel la vraie vie war. Jeder Augenblick des Lichts und jeder Augenblick der Finsternis waren für mich ein und dasselbe." (S. 125) 

Der Text des Autors bekommt durch die eingefügten 
Originalquellen und Fotos zudem einen authentischen Anstrich. 
Gegen Ende des Romans verwundert der Erzählerwechsel - von Mata Hari auf ihren Anwalt - kurzfristig, ergibt aber in Hinblick auf die Aufklärung von Mata Haris diffiziler Verurteilung durchaus Sinn. 

FAZIT 
Ein durch und durch mitreißender Roman über eine Ausnahmekünsterlin und -frau ihrer Zeit. Das ist ein "Coelho" nach Maß, ohne die üblichen, überbordenden Esoterikexkurse.