Rezension

Spannungsgeladen bis zum letzten Wort!

Valhalla - Thomas Thiemeyer

Valhalla
von Thomas Thiemeyer

Thomas Thiemeyer – mit diesem Namen verbinde ich nicht nur die oben bereits erwähnte Jugendbuchreihe, sondern auch den Künstler und Illustrator, welcher auch für seine eigenen Buchcover sehr oft zu Pinsel, Palette und Leinwand gegriffen hat und mit absolut wunderbaren Pinselstrichen seinen geschriebenen Worten Ausdruck verlieh. Sowohl »Medusa« als auch »Nebra« ziert ein von Thiemeyer gemaltes Cover, während er bei der dritten Geschichte rund um Hannah Peters den Regiestuhl der Illustration dem Verlag überließ. Ich muss sagen, das Cover ist sehr gelungen und passt hervorragend zum Inhalt des Thrillers. Mystisch, bedrohlich und geheimnisvoll sieht das Labyrinth aus, welches auf dem Titelbild zu sehen ist. In silbriger Schrift, überzogen mit glänzendem Lack leuchtet mir der Buchtitel entgegen. Spektakulär geht es weiter, wenn man das Hardcover aufschlägt. Ich liebe es, wenn ein Autor sein ganzes nerdiges Repertoire auffahren darf: eine Karte Spitzbergens, auf welcher die wichtigsten Handlungsorte zu sehen sind sowie eine Skizze des geheimnisvollen Ortes unter dem Eis sind auf dem Vorsatzpapier zu Beginn und am Ende des Buches zu sehen. Eine Augenweide! Ich liebe solche kleinen, feinen Details.

Zehn Jahre Hannah Peters – wie die Zeit vergeht.

Zehn Jahre ist es nun her, seit der erste Band um die engagierte Archäologin Erfolge feierte. In dieser Zeit ist viel geschehen. Thiemeyer arbeitete als Illustrator für den erfolgreichen Kinofilm »Noah«, vollendete seine »Das Verbotene Eden«-Trilogie und schloss die Weltensucherchroniken ab. Ein sehr aktiver Autor, der auch unter uns Lesern und Bloggern sehr beliebt ist, gerne mit seinen Fans auf Lesungen plauscht und in denSocialmediakanälen rege interagiert. Ich war sehr neugierig auf seinen Thriller für erwachsene Leser, nachdem mich sein Jugendbuchstil ja bereits begeistert hat. Was soll ich sagen? Dieser Roman ist eine rund herum gelungene Mischung aus Abenteuer mit einer Prise Indiana Jones, Wissenschaft, Archäologie in all seinen unheimlich interessanten Aspekten und historischen Hintergründen. Gar nicht so weit hergeholt, was uns Thiemeyer mit schriftstellerischer Freiheit in diesem Werk präsentiert. Von furchterregenden biologischen Experimenten ist die Rede. Woher die Inspiration dafür stammte, ist klar.

Bei seinen intensiven Recherchen stieß der Autor tief in die deutsche Geschichte vor. Es ist kein Geheimnis, dass die Nationalsozialisten an geheimen Projekten forschten, mit biologischen Waffen experimentierten und grausame Tests an Menschen durchführten. Dieses Wissen floss in den Roman ein. Um dieses Gerüst spannte Thiemeyer ein spannendes wie furchteinflößendes Szenario, das mir stellenweise wirklich das Blut in den Adern gefrieren ließ. Atemlose Spannung, Seite um Seite. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und übersprang in meiner Euphorie auch schon einmal den für die Leserunde gesteckten Abschnitt. Mit einer in sich schlüssigen, gut durchdachten Story, packenden Charakteren und sehr bildlich beschriebenen Landschaften und Szenen zauberte der Autor ein so farbenfrohes, intensives Bild von Schauplätzen und Handlung, so als säße man im Kino und würde einen Film sehen, anstatt “nur” ein Buch zu lesen. Man merkt ihm seine jahrzehntelang kreative Arbeit an. Thomas Thiemeyer schreibt nicht einfach, er malt bunte Bilder in die Köpfe seiner Leser.

Spannungsgeladen bis zum letzten Wort!

Die Story nahm kontinuierlich Fahrt auf und ließ mich bis zum letzten Satz nicht los. Die Einführung, welche im Februar 1944 angesiedelt ist und einen ersten Einblick auf die wirklich intensiv geschriebene Geschichte gibt, war nur der Anfang einer langen und absolut gefährlichen Reise einer sympathischen Protagonistin. Hannah Peters Weg führte sie von der Anlage eines alten, antiken Tempels mitten im heißtropischen Klima Kambodschias bis in die entlegenste, bitterkalte Ecke der Erde: Spitzbergen. Mehr als einmal gerät sie dabei in große Gefahr. Mehr als einmal stockte mir der Atem und ich bangte um die junge, sympathische Hauptfigur. Überraschende Wendungen und bildreich geschilderte, detaillierte Hintergrundinformationen, sei es über archäologische Abläufe, geographische Gegebenheiten oder geschichtliche Daten, lieferten ein farbenfrohes Bild jedweder Region, in der sich die Archäologin bewegte. Doch keine Angst. Thomas Thiemeyer schreibt mit »Valhalla« kein langweiliges Geschichtsbuch mit Thrillercharakter. Seine Art, Informationen geschickt und kompakt in Dialoge einzubauen, faszinierte mich sehr und hinterher konnte ich wirklich behaupten, den Horizont erweitert zu haben.

Spannend fand ich auch, dass Thiemeyer eigene kleine Vorlieben mit in sein Buch einfließen ließ. Fans werden bemerken, dass zum Beispiel seine Liebe zum Whiskey ein Plätzchen in der Story gefunden hat – eine Textstelle, die mir ein Schmunzeln entlockte. Auch die Einstellung zu Büchern und Leseverhalten einer weiteren, wichtigen Figur im Buch könnte die Haltung des Autors widerspiegeln, mit der er mich ein wenig nachdenklich machte, was das Behüten meiner eigenen Bücher betrifft (Anm. d. Buchbloggerin: bis auf die Sache mit den Eselsohren und Fettflecken, das geht gar nicht.)

Als würde er über die Schultern einer Frau streicheln, fuhr er über die Buchrücken und zog dann ein schmales [...] Exemplar heraus. “Herodot.” sagte er [...] Dann warf er das Buch mit schwungvoller Geste neben sie auf das Sofa. Hannah runzelte die Stirn. So ging man doch nicht mit einem antiken Buch um. [...] Tatsächlich war es nicht viel mehr als ein zerfleddertes Heft mit Eselsohren, Flecken und fehlendem Einband. “Warum sollte ich viel Geld für ein Buch ausgeben, in dem ich ständig lese? Der Inhalt ist entscheidend, nicht die Hülle. All diese in edles Rinderleder geschlagenen Bücher sind ja ganz hübsch anzuschauen, aber die wirklich wichtigen Werke sehen so aus.” – Seite 58

Das Plotthema, die Forschung an einem biologischen Kampfstoff durch die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkrieges, schockierte mich und ließ mich Ekel vor der Grausamkeit mancher Menschen empfinden. Zu welch schrecklichen Taten der Mensch fähig sein kann, lehrt uns die Geschichte der Menschheit. Wahrhaft furchteinflößend ist jedoch, dass man sich dieses Szenario sehr gut in der Realität vorstellen kann. Es könnte wirklich so passieren. Man blicke nur mal wieder auf die Konfliktherde in der Welt. 

Übrigens bringt das fulminante Ende die Story in Spitzbergen zwar zu einem gelungenen Abschluss, lässt aber Raum für reichlich Spekulationen. Ich bleibe mit ein paar wenigen, offenen Fragen zurück, was aber letzten Endes nicht unbefriedigend ist, sondern eher darauf hoffen lässt, dass Hannahs Geschichte noch nicht fertig erzählt ist. Das wäre sehr zu begrüßen, denn ich bin nun ein Fan der intelligenten, mutigen Forscherin – diese Frau beweist wirklich Charakter – und würde mich freuen, mehr spannende Abenteuer mit ihr zu erleben. Denn genau das ist dieses Buch: ein abenteuerlicher Thriller, pure Abwechslung für mein Bücherregal!

Mein Fazit: Hannah Peters ist eine mutige, taffe Abenteurerin par excellence, immer auf der Suche nach geheimnisvollen Artefakten. Es war meine erste Reise mit ihr und ich bedauere, dass ich nicht schon längst die ersten Bücher der Reihe gelesen habe. Abenteuer, Historie, Wissenschaft und Spannung vereinen sich zu einem unglaublich vielseitigen Thriller, den ich nicht mehr aus der Hand legen konnte und der mich oft staunen, erschauern und sprachlos machte. Kein 0815-Thriller, sondern ein ganz besonderes Werk hat der kreative Autor wieder einmal geschaffen, dessen Faszination ich vollständig erlegen bin. Wieder einmal malt der Autor mit Worten und beweist, dass seine Kreativität positiven Einfluss auf sein Schreiben hat. Ich freue mich, mehr von der sympathischen Archäologin zu lesen und vergebe die volle Punktzahl für meinen Buchtipp im Juni!