Rezension

Spiel mir das Lied vom Tod

Revolver Tarot - R. S. Belcher

Revolver Tarot
von R. S. Belcher

Klappentext:
Nevada, 1869: Am Rand der gnadenlosen Vierzigmeilenwüste liegt Golgotha, eine kleine Stadt, in der hinter verschlossenen Türen große Geheimnisse verborgen liegen. Der Sheriff trägt die Narben des Stricks am Hals und manche sagen, er sei ein toter Mann, dessen Zeit noch nicht gekommen ist. Golgotha ist der Ort, an dem sich die Gesegneten und die Verdammten sammeln. Schwärze flutet über die Welt und wenn der Sheriff und seine Leute sie nicht aufhalten, hat Golgotha seinen letzten Sonnenaufgang gesehen … und mit ihr die gesamte Schöpfung. Ein außergewöhnliches Abenteuer zwischen Western, Steampunk und Fantasy, das die Leben verschiedenster Persönlichkeiten auf einen gemeinsamen Kampf zuführt, dessen Wurzeln viel tiefer liegen, als sie sich vorstellen können.

Der Autor:
R. S. Belcher ist mehrfach ausgezeichneter Autor, Zeitungs- und Zeitschriftenjournalist, und hat vorher unter anderem als RadioModerator, Produktionsassistent für das Fernsehen und als Privatermittler gearbeitet. Heute lebt er in Roanoke, Virginia. Dort lebt er mit drei Kindern, zwei Katzen und einem Hund.

Meine Meinung:
"Es gibt merkwürdig und verflucht merkwürdig."
Das sagt Jonathan Highfather über Golgotha, die Stadt in Nevada, in der er als Sheriff für Recht und Ordnung sorgt, der irgendwie immer dem Tod von der Schippe gesprungen ist. Highfather scheint unbesiegbar zu sein, gesetzestreu, cool - ein Mann, den so schnell nichts umhaut. Mutt, sein Deputy, ein Indianer, der eigentlich einen ganz anderen Namen hat, muss sich in seinem Job jeden Tag durchsetzen.

Das Buch aber beginnt mit dem Kennenlernen des 15-jährigen Jims, der mit seinem Pferd Promise auf der Flucht ist und in Golgotha strandet. Jim besitzt ein geheimnisvolles Auge, das er von seinem Pa als Erinnerungsstück behalten hat. Was hat es damit auf sich?
Die Bürger der Stadt haben alle ihre kleinen und großen Geheimnisse, sogar Bürgermeister Pratt und der Gemischtwarenhändler Auggie.

Die Stadt beherbergt Menschen mit vielen Glaubensrichtungen. Mormonen, Baptisten, Methodisten, Katholiken. Und auch die Chinesen haben ihren Platz gefunden. Nun könnte man denken, dass dort zu leben, einem Ritt auf dem Pulverfass gleichkommen würde, aber es funktioniert.
Das, was wirklich für Unruhe sorgt, ist die Tatsache, dass Golgotha eine Stadt mit Vergangenheit ist, mit eigenartigen Vorkommnissen, die ein rationaler Geist nicht erklären kann.
Zweibeinige Rattenmeschen, ein Fledermausding, das für Furcht sorgte, oder dass Tiere und Bürger als ausgelaugte, tote Körper endeten, wenn auf dem Friedhof der Salzkreis nicht rechtzeitig erneuert wurde...tja, das ist wirklich nicht einfach zu erklären.
Doch nun erhebt sich etwas weit Schlimmeres über der Stadt, das die gesamte Welt auslöschen will. Werden es die Menschen schaffen, das schier Böse zu besiegen?

Golgotha bringe ich mit einem Hügel außerhalb von Jerusalem in Verbindung. Dort soll Jesus gekreuzigt worden sein. Dass es hier Anleihen von dem Autor dazu gibt, denke ich ganz stark, denn das Ende der Welt soll eingeleitet werden. Gott, Engel und Luzifer spielen eine große Rolle.

Mir fiel der Einstieg etwas schwer. Das Buch umfasst über 500 Seiten und die Geschichte ist wirklich ausladend erzählt. Zuerst hatte ich damit meine Probleme, aber umso mehr ich las, war ich gefangen.
R. S. Belcher versteht es, die Charaktere zu beleuchten, in Rückblenden eingestreut das Leben davor zu erzählen, sodass man alle gekonnt auseinander halten kann. Und es sind viele, die da mitmischen. Das hat mir wirklich gut gefallen.

Das Buch lebt von seinem Sprachstil: Man schmeckt den Staub und das Blut, man sieht Golgotha, das Verderben, Himmel und Hölle praktisch vor sich.
Sogar Francis Tumblety mischt mit - er wird mit den Jack the Ripper - Fällen in Verbindung gebracht (das hat aber im Buch keine Bedeutung).
Und auch alte Indianerlegenden (Uktena) wurden mit eingeflechtet, was das Ganze noch interessanter machte.

Es ist ein Mix aus Abenteuerroman, einer gehörigen Prise Horror, ein bisschen Steampunk und hauptsächlich Fantasy und Western.
"Spiel mir das Lied vom Tod" könnte man auf der Mundharmonika im Hintergrund hören, und vor dem geistigen Auge würde ein Steppenläufer (der Busch, der durch's Bild in den Western vom Wind weitergetragen wird) erscheinen.

Auch wenn meine Rezension doch etwas größer geworden ist als beabsichtigt, hoffe ich, dem Buch gerecht zu werden, denn es ist spannend, hat gut platzierte Horrorelemente, bildhafte Figurenzeichnungen und eine etwas andere Story.

4,5 Sterne.