Rezension

Starker Trilogie-Auftakt!

Nevermore - Kelly Creagh

Nevermore
von Kelly Creagh

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ich finde, die kleine ,,Inhaltsangabe" stellt die Geschichte sehr gut dar. Ich hätte es nicht besser und spannender zusammenfassen können, ohne zu viel zu verraten. Die Liebesgeschichte zwischen Varen und Isobel entwickelt sich langsam mit vielen Hoch- und Tiefpunkten, vielleicht sogar etwas zu langsam. Es grenzt schon fast an Folter, wie lange man auf einen Kuss der beiden warten muss. Diese lange Wartezeit kommt aber auch dadurch zustande, dass Isobel nicht nur mit Varen und dessen ,,Problemen" zu tun hat, sondern sozusagen ihr ganzes Leben umstrukturiert wird und es dadurch zu allerlei Komplikationen mit Freunden, Familie und Exfreund kommt. Mir gefällt, wie reichhaltig und umfassend Isobels Leben dargestellt wird, auch wenn ich mir ein bisschen mehr Romantik zwischen den beiden Hauptcharakteren gewünscht hätte. Während des Lesens wartet man immer häufiger auf Szenen mit Varen, die aber nicht kommen. Ansonsten muss ich noch sagen, dass die Traumwelt-Charaktere allesamt einfach unglaublich sind. Sie sind zwar nicht hübsch oder nett, dafür aber geheimnisvoll und verwirrend. Insgesamt wirft das ganze Buch viele Fragen auf, von denen die meisten nicht beantwortet werden. Als ich das Buch beendet habe und noch nicht wusste, dass es der erste Teil einer Trilogie sein würde, war ich total gefrustet, weil das Ende einfach so offen ist. Jetzt macht das natürlich Sinn, wenn man weiß, dass noch zwei Bände folgen werden. Trotzdem bleibt so viel offen, dass man den nächsten Teil auf jeden Fall auch lesen MUSS, weil man sonst keine Ruhe finde. Zumindest habe ich das Gefühl. Die Bezüge zu Edgar Allan Poe und seinen Werken finde ich auch sehr interessant und warte schon gespannt darauf, wie sich die Geschichte weiter entwickeln wird. Übrigens wird ab und an auch mal Musik eingebracht. Ein im Buch erwähntes Lied hat die Autorin sogar selbst geschrieben: Emily Not, Not Gone von Cemetry Sighs. Die Band hat übrigens nur dieses eine Lied veröffentlicht und ich habe mal gehört, Kelly Creagh soll das auch gesungen haben, aber sicher bin ich mir bei letzterem nicht. 
Das Charakterdesign ist an das amerikanische High-School-System angepasst: Isobel gehört ursprünglich der coolen Cheerleaderclique an und verhält sich in der Hinsicht sehr stereotypisch. Im Laufe der Geschichte wird sie aber wieder normaler und kehrt auf den Boden der Normalsterblichen zurück (zum Glück!). Zwar war sie nie so eingebildet wie die superzickigen Cheerleader, die man aus allerlei Filmen kennt, aber dennoch behandelte sie ihre Mitmenschen nicht angemessen. Varen hingegen ist der typische Außenseiter: zurückgezogen, misstrauisch, abweisend. Seine Verbindung zur Gothic-Szene lässt ihn zusätzlich als seltsamen, fragwürdigen Menschen erscheinen, von dem man sich besser fernhält. Doch als er die Cheerleaderqueen Isobel näher kennenlernt, wird seine harte Schale immer weicher. Sympathisch ist mir auch Isobels neue Freundin Gwen, die von Anfang an ihren eigenen Weg geht und einen liebenswürdigen, wenn auch leicht abgedrehten Charakter besitzt.
Kelly Creaghs Schreibstil ist auch angenehm zu lesen. Sie schreibt klar und nicht übertrieben blumig, sondern angemessen und mit den richtigen Worten an den richtigen Stellen. Es passiert (zumindest mir) doch recht häufig, dass man sich nur an einzelnen Worten in einem Text stört und dadurch den ganzen Text in schlechter Erinnerung behält. Außerdem benutzt die Autorin die personale Erzählperspektive und beschränkt sich dabei auf Isobel, wodurch blumige Beschreibungen u.ä. nicht passen würden, da sie nicht zu Isobel passen. Trotzdem trumpft Kelly Creagh zwischendurch mit durchaus schönen und kreativen Sätzen auf. Mir gefällt außerdem, dass die Autorin eine gute Balance zwischen Beschreibung und Handlung besitzt. Dadurch bleibt die Handlung immer spannend und mitreißend, auch wenn ich gegen Ende des Buches immer mehr mit der Versuchung kämpfen musste, nicht einfach zur nächsten Szene mit Varen (ja, der Junge hat's mir angetan) vorzublättern. Ich freue mich schon auf den nächsten Teil und bin gespannt, wie Kelly Creagh diesen umsetzt. 
Das Cover finde ich toll. Es war der Hauptgrund, warum ich das Buch überhaupt in die Hand genommen und es mir angeguckt habe. Außerdem besitzt dieses Buch endlich mal ein passendes Cover, das die Geschichte unterstreicht. Wie viele Bücher ich schon gesehen habe, wo vorne nur irgendeine Person abgebildet war, die geheimnisvoll oder attraktiv aussehen sollte! Das sagt ja wohl so gut wie nichts über das Werk aus, sondern funktioniert nur wie billige Fernsehwerbung, welche ja auch hauptsächlich das Motto ,,Sex sells!" vertritt. Natürlich sind solche Cover auch irgendwie ansprechend, aber das Cover von Nevermore gefällt mir vieeel besser! Genauso wie die Gestaltung im Inneren des Buchs. Seht euch die Leseprobe an, dann wisst ihr, was ich meine. 

Abschließend nochmal ein Fazit: Cover top, Schreibstil top, Geschichte top - was will man mehr? Natürlich den zweiten Teil! Aber natürlich solltet ihr zuerst den ersten lesen, den ich euch hiermit wärmstens empfehle.