Rezension

Steinzeit heute

Ehre - Elif Shafak

Ehre
von Elif Shafak

Bewertet mit 4 Sternen

Der Roman hat ein wichtiges Anliegen: zu zeigen, wie ein archaischer, männlicher Ehrbegriff Familien und familiäre Bindungen zerstören kann. Es ist die in London lebende Kurdin Pembe, die von ihrem Sohn Iskender dafür erstochen wird, dass sie für sich das gleiche Recht in Anspruch nahm wie ihr Mann, nämlich außerhalb der Ehe glücklich zu werden. Die Handlung zeichnet nach, wie die Familie zerfällt bzw. in den Rückblenden zerfallen ist, wie die archaische Welt der kurdischen Berge sie auch nach Jahren im westlichen Ausland einholt und wie die Beteiligten nach dem „Ehrenmord“ mit der Tat umgehen.

Elif Shafak geht bei ihrer Erzählung zahlreiche Umwege, die man nicht immer gerne mitgeht. Zeitweilig erscheint der Aufbau der Handlung zu breit angelegt und fesselt erst wieder, wenn die sich von der großzügigen Basis zuspitzt. Immer wieder aber entschädigen schöne sprachliche Wendungen oder sensible Einblicke in ein Gefühlsleben für die Abzweigungen. Am Ende legt man das Buch nachdenklich beiseite, weil es bewegt und anregt. Ich empfehle, dann das Buch noch einmal zur Hand zu nehmen und den ersten Satz erneut zu lesen.