Rezension

Still und liebevoll, mit schöner Message!

Lied der Weite - Kent Haruf

Lied der Weite
von Kent Haruf

Bewertet mit 4 Sternen

Im (fiktiven) Provinzstädtchen Holt, das eine halbe Tagesreise von der nächsten Großstadt Denver entfernt liegt, wohnen der Lehrer Tom Guthrie, seine kranke Frau Ella, seine beiden Söhne (9 und 10 Jahre alt) Ike und Bobby, aber auch die junge Frau Victoria und die bereits recht betagten Farmer-Brüder McPheron.  Kent Haruf erzählt uns die Geschichte dieser Personen – wie sie alle ihren Alltag verbringen, mit Sorgen und Problemen umgehen, aber auch die schönen Dinge sehen und für sich finden können.  

In diesem Jahr habe ich einen Hang zu sanften, warmherzigen und stillen Tönen. Und so ist es kaum noch verwunderlich, dass ich auch hier wieder instinktiv zu einem solchen Buch gegriffen habe ;) Der Roman stammt bereits aus dem Jahr 1999. Die erste deutsche Ausgabe erschien unter dem Titel „Flüchtiges Glück“ im Jahr 2001. Diogenes hat nun diese Ausgabe hier herausgegeben.

Kent Haruf erzählt darin von Menschen, die es in ihren jeweiligen Umständen nicht leicht haben. Menschen, die aber nicht aufgeben. Keiner von ihnen. Jeder einzelne kämpft, ist mutig, sucht, findet. Mehr oder weniger erfolgreich, aber erfolgreich. Besonders schön kommt dabei zum Ausdruck, wie wichtig das „wir“ ist. Das Miteinander, sich gegenseitig zur Seite stehen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Einfach aus (Nächsten-) Liebe. Dieser Gedanke, der sich durch das Buch zieht, ist ganz wunderbar und trägt die Geschichte auch nach Beenden weiter. Lässt mich nachdenklich innehalten und bestätigt, was ich mir ohnehin sehr wünsche ;-)

Bei all diesen schönen Gedanken und der liebevoll-sanften Erzählweise plätschert die Geschichte stellenweise aber auch sehr vor sich hin. Ein bisschen leidet die Intensität in der Charakterzeichnung darunter, dass zeitgleich „auf mehreren Hochzeiten getanzt wird“, was schade ist. Trotzdem mag ich die Charaktere sehr, eben weil sie so liebenswerte Kämpfer/innen sind! Und am Ende schließt sich dann auch der Kreis, der im Laufe der Geschichte erst nach und nach Form angenommen hat. Der Schluss ist sehr gelungen und voller Hoffnung für alle. Ein schöner und dennoch unkitschiger Ausklang.

Interessant auch, dass Haruf bei der (recht häufigen) direkten Rede komplett auf die Kennzeichnung dieser verzichtet.  Es macht jedoch keinerlei Probleme im Verständnis. Unglaublich gut ist ihm das gelungen. Alles fließt…

Fazit: Eine stille, liebevolle Geschichte. Teilweise etwas langatmig und an der Oberfläche, aber die sehr liebenswerten, kämpferischen Charaktere machen das Buch trotzdem zu einem schönen Leseerlebnis und die wunderbaren Kernaussagen hallen noch lange nach <3