Rezension

“Stolz und Vorurteil” aus Sicht des Hauspersonals – eine interessante Perspektive, die durchaus eine gute eigenständige Geschichte abgibt, aber ruhig etwas mehr an Fahrt aufnehmen dürfte.

Im Hause Longbourn - Jo Baker

Im Hause Longbourn
von Jo Baker

Bewertet mit 3 Sternen

Rezension:

Jo Bakers “Im Hause Longbourn” stand ich etwas gespalten gegenüber. Einerseits fand ich “Stolz und Vorurteil” von Jane Austen, woran dieses Buch ja angelehnt ist, ziemlich ermüdend, und andererseits interessiert mich das frühere Leben der ‘normalen’ Leute sehr. Letztendlich siegte meine Neugier, da die Bediensteten der Familie Bennet im Mittelpunkt dieses Romans stehen, also genau die Seite beleutet wird, die in “Stolz und Vorurteil” keinen Raum findet.

Die Autorin erzählt die Geschichte in der dritten Person, wobei das junge Hausmädchen Sarah im Mittelpunkt steht. In 19 Kapiteln, die mit jeweils einem passenden Zitat aus Jane Austens berühmten Werk untertitelt ist, begleitet der Leser die Dienerschaft der Familie Bennet, die schwer damit beschäftigt ist, die fünf Töchter unter die Haube zu bringen, durch den Alltag – “Im Hause Longbourn” spielt also zeitgleich zu “Stolz und Vorurteil”.

Die wichtigsten Charaktere konnte Jo Baker gut ausarbeiten, und so wuchsen mir vor allem die Haushälterin Mrs. Hill, die eine ganz besondere Verbindung zu Mr. Bennet hat, und auch Sarah, die am liebsten in die große Welt hinausziehen würde, ans Herz. Neben den beiden sind da zunächst noch Mr. Hill und die kleine Polly, die sich um die Bedürfnisse der Bennets kümmern, später kommt noch ein junger Mann namens James dazu, mit dem der Hauptplott der Geschichte endlich einsetzt.

James umgibt ein Geheimnis – niemand weiß woher er kommt und wieso er plötzlich, mitten unter dem Dienstjahr, als Pferdeknecht eingestellt wird. Doch nicht nur deshalb ist Sarah von ihm fasziniert – auch seine verschlossene Art scheint für sie eine gewisse Herausforderung darzustellen. Das genaue Gegenteil zu James ist der Diener der reichen Familie Bingley, in die eine Bennet-Tochter einheiraten soll. Zum ersten Mal ihr Interesse am anderen Geschlecht entdeckend, ist Sarah hin- und hergerissen.

Gut gefallen hat mir, dass die allseitsbekannte Geschichte um die Familie Bennet, allen voran Elizabeth und ihren Mr. Darcy, gerade so weit gezeigt wird, dass man sich immer wieder denkt “Ah.. stimmt, so war das”. Das Leben der Bediensteten wird interessant wiedergegeben und erhält vor allem durch Sarah und Mrs. Hill eine persönliche Note.

Trotzdem erschien mir die Story zu langgezogen. Das Buch gleicht eher einer gemütlichen Spazierfahrt in einer Kutsche, als einem spritzigen Ausritt, um mal einen zeitlich passenden Vergleich anzustellen. Für mich hätte die Geschichte auch gerne 100 Seiten kürzer sein dürfen, denn durch den langsamen Erlebnisfluss flachen auch die interessanten Ereignisse eher ab.

Am besten dürfte die Story Jane Austen Fans gefallen, die “Stolz und Vorurteil” mal aus einer anderen Perspektive und mit neuen Hintergründen  erleben wollen. Aber auch Liebhabern von historischen Romanen, die zum entspannen und abschalten einladen, werden von “Im Hause Longbourn” sehr angetan sein.