Rezension

Südfranzösischer Charme trifft auf aktuelle Problematik

Gefährliche Ernte - Yann Sola

Gefährliche Ernte
von Yann Sola

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:
Eine Hochzeit, ein Geheimnis und ein Todesfall – Hobbyermittler Perez steckt in Schwierigkeiten An den Berghängen der malerischen Côte Vermeille, am südwestlichsten Zipfel Frankreichs, reifen die Weintrauben unter der glühend heißen Augustsonne heran. Es sind Sommerferien, die schlimmste Zeit des Jahres, wenn es nach Delikatessenschmuggler und Lebemann Perez geht. Die Touristen haben sich in Banyuls-sur-Mer breitgemacht, er hängt mit seinen Lieferungen hinterher und dann will seine heißgeliebte Tochter auch noch einen Mann heiraten, den man gemeinhin nur »die Bohnenstange« nennt. Als ein Toter in den Weinbergen seines Vaters gefunden wird, ist es endgültig vorbei mit der Ruhe. Die Ermittler schnüffeln auf dem Weingut und in Perez’ Angelegenheiten herum. Ausgerechnet der sagenumwobene Creus, ein Wein, der das Rückgrat seines bescheidenen Wohlstands bildet, soll etwas mit dem Tod des Mannes zu tun haben. Hobbyermittler Perez sieht sich gezwungen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, und muss bald erkennen, dass das beschauliche Küstenörtchen die Kulisse finsterer Machenschaften und familiärer Tragödien ist, die weit in die große Politik hineinreichen.

Meinung:
Ich liebe Krimis, die in Frankreich spielen und freute mich von daher sehr, dieses Buch lesen zu dürfen. Ich brauche keine spannungsgeladenen Krimis, bei denen auf jeder Seite etwas aufregendes passiert. Und das war gerade hier sehr passend. 
Perez ist ein wirklich interessanter Protagonist und ich habe um ehrlich zu sein (in Teilen) nur seinetwegen dieses Buch durchgelesen. Die eigentliche Handlung rückte immer mehr in den Hintergrund. Er handelt auf eigene Faust, ist sehr authentisch und mir unfassbar sympathisch. Auch die Nebencharaktere sind so vielseitig, wie sie gut geworden sind. Zum einen ist da Haziem, Perez bester Freund und die gute Seele des Lokals. Oder Antonio Perez, der noch verschrobener ist, als man es sich vorstellen mag. Oder auch all die kleinen Charaktere wie der Imam sind gut gelungen. Schon alleine die Charaktere haben mich überzeugt.
Und wären da nicht die tollen Nebencharaktere, hätte mich letztendlich der Schauplatz überzeugt. Denn ein kleines Städtchen an der Küste Südfrankreichs mit all seinen Marotten und Bewohnern lies mich nur so dahin träumen. 
Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen und bringt einen gedanklich weit fort aus dem (zumindest hier) verregnetem Deutschland hin an die Küste Südfrankreichs, zu gutem Essen und noch besserem Wein. Denn um den geht es schließlich immer wieder auch. 
Das Ende wiederum war mir zu viel auf einmal. Es passte nicht ganz in das eher ruhigere Gesamtbild und war für meinen Geschmack etwas zu viel Friede-Freude-Eierkuchen. 
 Doch das Ende wird aufgewogen mit der unfassbar interessanten Thematik und Aktualität.
Denn es geht nicht nur um Perez neuen Fall. Nein, es geht im großen und ganzen um Flüchtlinge, wie mit diesen umgegangen wird und um die politische Lage in Frankreich. Da ich mich sehr für Politik interessiere fand ich das große Klasse, vor allem in Hinblick auf die in Frankreich bald anstehenden Wahlen. 
Von Schlepperbanden über Flüchtlingsunterkünfte und der Debatte über Moscheen war in diesem Buch alles dabei. Ich finde es sehr wichtig von Autoren diese sehr wichtige Thematik anzusprechen und dies ist dem Autor mit Bravour gelungen. 
Ich bin schlussendlich jedoch der Meinung, dass die Betitelung "Krimi" etwas irreführend sein kann. Es ist mehr ein Mix aus Familiendrama, Gesellschaftskritik und aktueller Problematik, würde also die Bezeichnung "Roman mit Krimielementen" eher verdienen. 
Das Buch ist ideal als Lektüre für zwischendurch, für eine lange Auto- oder Zugfahrt oder generell für den Urlaub. 
Mich konnte die Geschichte mit unheimlich viel Charme und Authentizität überzeugen und kann diesem nur jedem Frankreichfan weiterempfehlen. Wer einen Krimi mit flottem Tempo sucht, sollte es sich jedoch lieber zweimal überlegen.
Von daher vergebe ich 4 von 5 Sternen für dieses schöne Urlaubsbuch.