Rezension

Südtirols düstere Seite

Nachts am Brenner - Lenz Koppelstätter

Nachts am Brenner
von Lenz Koppelstätter

Bewertet mit 4 Sternen

Am Brenner, einst florierender Handelsort und Zwischenstopp vieler Reisender, wird ein alter Mann von einem Pferd grausam zu Tode geschleift. Commissario Grauner und sein Kollege Saltapepe ermitteln – und stoßen schnell auf eine Verbindung zu Grauners eigener Vergangenheit und zu dem nach vielen Jahren noch immer ungelösten Mord an seinen Eltern. Das Massaker auf seinem Heimathof verfolgt Grauner bis heute, und er setzt alles daran, zunächst auf eigene Faust die Verbindung zu dem aktuellen Fall herzustellen. Doch der Durchbruch in den Ermittlungen gelingt erst, als das ganze Team miteinbezogen wird. Bald wird klar, dass der Grund für die Verbrechen am Brenner weit in der Vergangenheit liegt, in einem schwierigen Kapitel der Südtiroler Geschichte, als Verfolgte und Verbrecher des NS-Regimes gleichermaßen Hilfe suchten auf dem Transit in den Süden.

Auch wenn ich ortsungebundene Krimis in der Regel bevorzuge, ist die Verbindung zwischen der südtiroler Bergwelt und einem (bzw. mehreren) Verbrechen hier sehr gut gelungen. Commissario Grauner liebt seine Heimat, Mahler-Sinfonien und sein Dasein als Landwirt, und allem, was ihn weiter als ein paar Kilometer von seinem Heimathof wegbringt, sieht er sehr skeptisch entgegen. Sein Kollege Saltapepe, der aus Neapel nach Südtirol versetzt wurde, wird dort nur schwer heimisch – trotzdem verbindet beide eine unausgesprochene Loyalität und ein Wille, sich für Gerechtigkeit einzusetzen. Mir gefällt das Ermittlerduo ganz gut, auch wenn in diesem Krimi eher beide getrennt ermitteln.
Außerdem bleibt die Spannung über das ganze Buch erhalten und zu keinem Zeitpunkt ist der Ausgang klar oder vorhersehbar, was ich hier für sehr gelungen halte. Der Epilog ist überraschend, stellt plötzlich am Ende noch einmal alles in Frage und lässt auf eine Fortsetzung hoffen. Der Schreibstil ist angenehm zu lesen. Lenz Koppelstätter schafft es hier, die düstere und etwas trostlose Atmosphäre des herunterkommenen Örtchens am Brenner gleichermaßen lebendig zu beschreiben wie die unberührte Natur und die Gipfel der südtiroler Berge. Auch der Rückblick auf die Vergangenheit ist interessant und gut geschildert.

Alles in allem ein gelungener Heimatkrimi, der auch die düsteren Eigenheiten der Ecke an der österreichisch - italienischen Grenze aufnimmt und thematisiert.