Rezension

Süffig und süffisant

Die Terranauten
von Tom Coraghessan Boyle

Bewertet mit 4 Sternen

Die Erde in den 90ern. Noch sind genügend Ressourcen vorhanden, aber wer weiß, was die Zukunft bringt. Ein gigantisches wissenschaftliches Experiment  startet in  Arizona. Vier Frauen und vier Männer werden auserwählt, in einer künstlichen Ökosphäre 24 Monate das Leben nachzubilden. Unbedingtes Credo ist, nichts kommt rein, nichts kommt raus. Komme was wolle.

Die Aufgaben, die es in dem künstlichen Terrarium zu bewältigen gilt, haben hochtrabende Namen wie Nutztierwärterin, Technosphärensupervisor, Kommunikationsoffizier oder Nutzpflanzensupervisorin. Unter der Glaskuppel unter ständiger Beobachtung von Mission Control, Medien und Touristen verkommt die Angelegenheit bald zur Reality Show. Schon das Auswahlverfahren mutet wie eine Casting Show an. Die längsten Beine, die blondesten Haare und die beste Bikinifigur verhelfen zu einem Platz im Terranautenteam. Sex mit der persönlichen Assistentin des Erfinders des Projekts, schon ist der Teamplatz sicher. Ich hatte mehr als einmal beim Lesen das Gefühl, ich befinde mich in einer pubertären Highschool Sitcom.

Erzählt wird die Geschichte aus drei Perspektiven.

Zum einen ist da Dawn Chapman, genannt E. wie Eos, die von der Ballkönigin im Verlauf der Geschichte zur Madonna der Mission mutiert.

Den männlichen Erzählpart übernimmt Ramsay Roothoorp, der Zyniker, der im entscheidenden Moment nicht weiß, was ein Mann tut, was ein Mann tun muss.

Und dann ist noch Linda Ryu, die es nicht in die Mission geschafft hat und in Vorbereitung auf die nächste Mission die Geschehnisse von außen berichtet.

T. C. Boyle kann schreiben und das tut er hier auch mit Bravour. Er spielt gekonnt mit Klischees und verwandelt diese auf einer wahren Begebenheit beruhenden Geschichte in eine Persiflage auf Allmachtfantasien, Mediengeilheit und amerikanischen Heroismus.

Das Buch ist äußerst süffig zu lesen und hat Blockbusterqualitäten. Wer anregende Leseunterhaltung sucht ist mit diesem Buch bestens bedient.