Rezension

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Süße, authentische Story

Liebe, Zimt und Zucker - Julia Hanel

Liebe, Zimt und Zucker
von Julia Hanel

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Geschichte fand ich durchweg positiv und hab sie gern und schnell gelesen. Bei der Erzähltechnik muss ich ein paar Abstriche machen. Aber von vorne.

Am Anfang wird nicht ganz deutlich, dass Moritz in dieser Geschichte der man-to-be ist. Normalerweise ist das ein schönes Konstrukt, man bleibt als Leserin gespannt, weil man tatsächlich einmal nicht alles von Anfang an weiß. Aber dieses Mal, war ich doch sehr erstaunt. Weil er am Anfang nicht mal annähernd sympathisch wirkt und ich ihn eigentlich direkt ausgeblendet habe. Glücklicherweise erfolgte seine Wandlung sehr stetig, sodass man darauf vorbereitet wurde und von mal zu mal wurde er auch liebenswürdiger. Im Grunde ist das eine sehr realistische Darstellung, und sowohl glaubwürdig als auch süß umgesetzt. Zumal er durchweg authentisch bleibt – selbst als Marit und er sich näher kommen, wird er nicht plötzlich zum liebestollen Idioten, der alles anders machen möchte. Er ist sich treu, das hat man selten bei Protagonisten.

Es ist auffällig, dass die Autorin versucht bestimmte Muster konsequent umzusetzen. Das gelingt ihr im Prinzip ganz gut, manchmal ist es nur etwas auffällig. Beispielsweise, dass Marit immer wütend werden muss, um ihrem Gegenüber ein paar ehrliche Worte zu an den Kopf zu schmeißen. So kommt es wenigstens zu einigen ehrlichen Gesprächen, in denen man sonst einiges verschwiegen hätte, bzw. die sonst ausweglos gewesen wären.

Ansonsten empfinde ich Marit als sehr bodenständig, wenn auch etwas verrannt. Aber wer war das noch nicht. Die Sache mit ihrem Exfreund, wegen dem sie in Altberg bleibt, ist ein guter Vorwand, wenn es auch etwas schwierig zu glauben ist, weil Marit sonst eher taff und selbstbewusst wirkt. Was mir aber gar nicht gefällt ist, dass sowohl Marits Vermieterin Heike als auch Moritz nicht daran denken, ihr zu erzählen, dass Toby verlobt ist. Und das nicht erst seit gestern.

Aber Toby ist nebensächlich, neben Moritz gibt es ja noch Marits Brieffreund Julian. Dieser Handlungsstrang ist allerdings nicht ganz schlüssig. Bzw. wird nicht zu Ende geführt. Der ganze Hintergrund, warum er in Altberg war – bei welcher Gelegenheit er den Stick verlor – ist zwar interessant. Aber warum sollte er die Idee erst aufgeben und vor allem aus welchem Grund sollte er die Idee wieder aufgegriffen haben? Nur weil ihm eine Frau aus dem Ort jetzt Emails schreibt? Ist für mich nicht schlüssig. Außerdem, warum sollte Marit Schuld haben, dass er den Plan jetzt durchführt? So viel hat sie ihm doch auch nicht erzählt. Immerhin waren die Treffen nicht wirklich lang und aussagekräftig und die Mails eher persönlich. Da hätte ich schon mehr erwartet um Marit damit irgendwie in Verbindung zu bringen.

Es macht zwar Spaß diesen Handlungsstrang zu lesen, aber die große Auflösung hat mich ein bisschen enttäuscht. Denn das allerwichtigste: was hat Emils Geschichte mit allem zu tun? Der Zusammenhang ist da, aber er wird im Nebensatz abgehandelt und überhaupt nicht beachtet. Es wäre ein guter Abschluss gewesen, wenn man diese Geschichte hätte einfließen lassen können.

Zuletzt war es eine nette Idee, dass Moritz seine eigene Kaffee-bar aufmacht. Es ist sowohl konsequent als auch konstant. Er bleibt in dem Ort der ihm gefällt, und gleichzeitig entwickelt er sich weiter. Weder er noch Marit muss sich ändern um die Beziehung zu führen – und das ist das positivste, was ich seit langem in diesem Genre gelesen habe. Auch wenn eine Fernbeziehung schwierig ist, wenn man sich selbst treu bleibt, dann funktioniert auch eine schwierige Beziehung.

Diese Erkenntnis und der durchweg unterhaltsame Schreibstil bewirken ein sehr positives Fazit, wenn auch das ein oder andere Fragezeichen stehen bleibt.