Rezension

Teilweise genial witzig

New York zu verschenken - Anna Pfeffer

New York zu verschenken
von Anna Pfeffer

Bewertet mit 4 Sternen

„New York zu verschenken“ von Anna Pfeffer ist ein Jugendbuch, das ausschließlich in Chatform verfasst ist. Wie gut diese minimalistische Erzählform umgesetzt werden kann, ist seit „Gut gegen Nordwind“ hinlänglich bekannt. Und auch hier funktioniert sie größtenteils richtig gut. Der Inhalt ist schnell umrissen: Anton wurde von seiner Freundin sitzen gelassen, hat aber dummerweise bereits eine Pärchen-Reise nach New York gebucht. Jetzt sucht er via Instagram eine neue Reisebegleitung, die (da Storno offenbar keine Option ist), exakt den Namen seiner Ex haben muss: Olivia Lindmann. Es meldet sich Liv (Lindmann) - Anton hat also Glück. Oder doch nicht? Denn Liv will 1.) nicht mit einem Foto von sich herausrücken und ist 2.) vielleicht ein bisschen zu schlagfertig für Partylöwe Anton!

Die krasse Gegensätzlichkeit der Figuren garantiert - wie so oft in der Literatur - ein unterhaltsames Lesevergnügen. Dass vor allem Anton hierbei auch einige Klischees bedient, hat mich nicht gestört, da ich die Absicht dahinter ausmachen konnte. Indem der Arztsohn erst einmal als oberflächlicher, partygeiler Typ hingestellt wird, bietet sich den Autorinnen die Möglichkeit zu derb-komischen Schlagabtauschen. Antons sexistische Sprüche sind so flach, dass es weh tut und werden von der sehr viel ernsteren Liv geschickt gekontert.

Zu Beginn hat die Geschichte eine geniale Dynamik. Der Chat liest sich unheimlich spritzig, frech und natürlich, zumal sich Anton und Liv gerne in Hashtags austauschen und sich gegenseitig mit ihren Instagrambildern aufziehen #einfachlustig. Allerdings geht das Gefühl, es könnte sich um einen realen Chatverlauf handeln, mit der Zeit verloren. Die Dialoge werden länger und ausführlicher, manche Einträge nehmen eine ganze Seite ein, wirken vielmehr wie e-mails oder Ausschnitte aus Gesprächen vis-a-vis, was ein bisschen schade ist, da der Schwung gedrosselt wird.

Es passt jedoch zur Entwicklung der Story, denn der Ton wird nach und nach etwas ernster. Und auch, wenn das Buch weit davon entfernt ist tiefgründig zu sein, vermittelt es doch wenigstens die Botschaft, dass die äußere Fassade manchmal trügerisch sein kann und in Menschen oft mehr steckt, als sie nach außen hin preis geben. Im Schutz der Anonymität können Anton und Liv so sein, wie sie wirklich sind und bezeichnen sich irgendwann sogar gegenseitig als „Tagebuch“. 
An dieser Stelle aber nun doch etwas Kritik: Denn aus den Figuren wurde leider zu wenig herausgeholt. Letzten Endes bleiben sie nette, freundliche Konturen, die dem Leser immer etwas fern bleiben. Zum Teil liegt es wohl an der Chatform, aber auch daran, dass die Story in der zweiten Hälfte beginnt, sich im Kreise zu drehen. Vor allem die wiederkehrenden Diskussionen um ein Treffen bzw. Antons Bitte nach einem Bild von Liv werden meiner Ansicht nach zu oft wiederholt. Da sie stets ergebnislos verlaufen, entwickeln sich außerdem kleine Längen, was bei mir stellenweise etwas Unmut verursacht hat. Auch Antons "Spinnereien" über Actionfilme und Rattenaffenfrauen waren für meinen Geschmack etwas zu umfänglich, aber gut.

Abgesehen von diesen zeitweiligen Längen und dem voraussehbaren Ende #unterschätzeniedenleser, bin ich an einigen Stellen fast hinten über gekippt vor Lachen. Manche Dialoge sind so unglaublich absurd-lustig, alleine dafür lohnt es sich, „New York zu verschenken“ von Anna Pfeffer zu lesen. Das Buch liest sich weg wie nichts und ist mit kleinen Abstrichen ein echtes Vergnügen für Mädchen ab 12 Jahren plus.