Rezension

The Girlfriend

Das Gift der Seele - Michelle Frances

Das Gift der Seele
von Michelle Frances

Das Wort, mit dem ich Das Gift der Seele am ehesten beschreiben könnte, ist 'raffiniert'. Der Klappentext und die ersten Seiten sind so ausgelegt, dass ich als Leserin automatisch auf Lauras Seite war, weil Cherry als ihre böse Widersacherin dargestellt wurde. Ein Blickwinkel, von dem Laura als Erzählerin auch nicht abweicht. Für sie ist Cherry von Anfang an ein gerissenes kleines Biest, das nur hinter Daniels Geld her ist. Und wenn man genau aufpasst, dann scheint es zu stimmen, dann scheint Cherry wirklich mehr im Sinn zu haben, als nur eine glückliche Beziehung.

 

"Als Kind immer nur das Beste vom Besten bekomen zu haben, bedeutete womöglich, dass er sich nie etwas von ganzem Herzen gewünscht hatte, zumindest nichts, was sich mit Geld erkaufen ließ."
(Seite 14)

Aber Laura ist nicht die einzige Erzählerin. Zudem ist sie bei Weitem kein Unschuldslamm. Nein, auch über Cherrys Motive und Gefühle erfahren wir so einiges, und wenn man sich auf ihre Gedankenwelt einlässt, dann ist nicht sie selbst das Ungeheuer, sondern Laura. Das raffinierte an diesem Thriller ist nun, dass er es geschafft hat, meine Sympathien immer wieder zu verschieben. Ich stand nicht durchgehend auf einer Seite, sondern meine Gefühle für die Figuren haben sich mit jedem Vorfall erneut verschoben. Weder Laura noch Cherry sind durch und durch sympathisch und beide haben Dinge getan, die sie als die Antagonistin prädestinieren. Und trotzdem mochte ich beide Frauen. Zeitweise. Und habe mir für beide ein Happy Ending gewünscht. Zeitweise. Je nachdem, was sie gerade getan haben oder was ihnen gerade angetan wurde. Dabei war von vorneherein klar, dass ein Happy Ending für beide nicht möglich ist. Vielleicht nicht einmal für nur eine von ihnen.

"Plötzlich kam sie sich ausgeschlossen vor. Sie wandte den Blick ab. Zu ihrere Schande musste siie sich eingestehen, dass sie sich einsam fühlte und ein klein wenig eifersüchtig war."
(Seite 114)

Was diesem sogenannten Psychothriller allerdings fehlt, tja, das ist der Thrill. Das Gift der Seele ist viel mehr ein Familiendrama, das erzählt, wie zwei egoistische Frauen das Leben vieler Menschen zugrunde richten. Ein Drama, das durch psychologische Manipulation herbeigeführt wird. Ein Drama, bei dem ab und an sogar ein Menschenleben auf dem Spiel steht. Aber ein Thriller ist es für mich nicht einmal am Ende. Das Gift der Seele hat eine sehr langsamen Erzählton, spielt mal in London, mal in Frankreich, dann wieder in London, dann wieder in Frankreich und Monat um Monat vergeht. Manchmal ohne, dass etwas Erwähnenswertes passiert. Eigentlich geht es nur darum, was passieren kann, wann Mutter und zukünftige Schwiegertochter sich nicht leiden können und beide einen Knacks weg haben. Dabei läuft alles sehr geradlinig auf ein Ende hinaus. Eine andere Möglichkeit gab es eigentlich gar nicht.

"Und dann kam ihr eine Idee. Pures Adrenalin schoss durch ihre Adern, undd sie keuchte leise. es war brutal, abstoßend und ekelhaft, doch damit konnte sie sich ihr Problem vielleicht ein für alle Mal vom Hals schaffen."
(Seite 261)

Weitergelesen habe ich eigentlich nur, weil ich wissen wollte, wie weit die beiden Frauen zu gehen bereit sind und wer von ihnen beiden gewinnt. Denn obwohl das Ende vorhersehbar war, war ich mir bis kurz vor Schluss nicht sicher, wen von beiden dieses Ende ereilen wird. Zwischendurch gab es aber extrem viele Passagen, die ich quergelesen oder sogar überblättert habe, weil sie mich einfach gelangweilt oder gar nicht erst interessiert haben.

Für ein Familiendrama also fand ich Das Gift der Seele sehr gelungen, das raffinierte Verwirrspiel die Sympathien des Lesers betreffend haben mir Spaß gemacht. Für einen Psychothriller dagegen war diese Geschichte extrem langatmig, langsam, sogar langweilig. Die Betitelung "Roman" oder "Drama" hätte vielleicht besser gepasst.

(c) Books and Biscuit