Rezension

Tief ins Herz gehend

Wintermädchen - Laurie Halse Anderson

Wintermädchen
von Laurie Halse Anderson

Ein sehr empfindsamer Roman, der sich zu lesen lohnte und ganz tief aufs Herz drückt, dorthin, wo nur ganz selten ein Buch Empfindungen zu wecken vermag!

Inhalt:

Lia und Cassie sind seit Kindertagen die besten Freundinnen. Sie teilen gemeinsame Erlebnisse, teilen frohe und traurige Tage, sowie die Geschichte ihrer Kindheit. Doch schon seit der Pubertät hat Cassie e in Problem, das nur Lia kennt. Cassie hat Bulimie und steckt sich nach jeder Mahlzeit den Finger in den Hals.
Lia sieht schweigend dabei zu, ohne zu helfen oder einzuschreiten. Im Gegenteil: Cassie und Lia beschließen die schlankesten Mädchen der Schule zu sein und sich gegenseitig zu übertrumpfen. Nach vielen Jahren der Freundschaft, wendet sich Cassie jedoch plötzlich von Lia ab.
Dann wird Cassie tot in einem Hotelzimmer gefunden, nach einer Nacht, in der sie Lia ungefähr 30 mal angerufen hat, was Lia ignorierte.- Hätte sie den Tod ihrer ehemals besten Freundin verhindern können?
Jetzt ist Lia übrig und gefangen in ihrer kalten Welt. Cassie lauert ihr auf und will sie dazu überreden, sich totzuhungern und ihr zu folgen, damit sie wieder zusammen sein können. Lia würde zu gerne nachgeben. Ihr einziger Halt ist ihre kleine, lebensfrohe Stiefschwester Emma. Wird Lia ihrer Freundin Cassie folgen oder kann sie ihre eigenen Ängste besiegen und ihren Hunger auf Leben rechtzeitig finden?

Meine Meinung

Der Roman von Laurie Halse Anderson ist eine traurige und sehr berührende Geschichte eines Mädchens, die für sich selbst die größte Feindin ist. Sie hat die Trennung ihrer Eltern nicht überwunden und irrt durch ihre Winterwelt, die ihr Halt gibt, sie stärkt, aber gleichzeitig zerstört und langsam tötet.
Der Schreibstil dieses Buches ist sehr ungewöhnlich, unterstreicht aber die Zwanghaftigkeit des Charakters Lia, indem sich bestimmte Sachen wiederholen, mit denen sich Lia selbst beschimpft.
Laurie Halse Anderson hat für dieses Buch lange recherchiert, dementsprechend echt und authentisch ist die Geschichte und deswegen umso schockierender, wie Menschen sich in einen selbst erbauten Teufelskreis manövrieren, den sie alleine nicht mehr zu durchbrechen vermögen.
Die Geschichte Lias ist mir sehr nahe gegangen, weil ihre Beweggründe so subtil und dadurch gut nachvollziehbar waren, denn ich frage mich oft: “Was ist die Motivation hinter dem Hungern?”, “Warum tut ein Mensch das und glaubt wirklich, er wäre schlecht und unrein, täte er es nicht!”
“Wintermädchen” ist nichts für schwache Nerven, denn es ist sehr ernst und hat mich sehr stark mitgenommen. Gleichzeitig ist es eine gute Erfahrung, denn es brachte mich den Empfindungen von Magersüchtigen näher und lehrte mich, dass manchmal selbst die normalste Tätigkeit wie, Essen und Trinken zu einem Horrortrip werden kann.
Ein sehr empfindsamer Roman, der sich zu lesen lohnte und ganz tief aufs Herz drückt, dorthin, wo nur ganz selten ein Buch Empfindungen zu wecken vermag!