Rezension

Tolle Ansätze!

Die Verräterin - Das Imperium der Masken - Seth Dickinson

Die Verräterin - Das Imperium der Masken
von Seth Dickinson

 

Die junge Baru wächst glücklich mit ihrer Mutter und ihren beiden Vätern auf der abgelegenen Insel auf, bis sie miterleben muss, wie das Imperium ihre Heimat erobert, ohne einen Tropfen Blut zu vergießen und sich ihr Leben schlagartig ändert. Einer ihrer Väter verschwindet und sie wird auf der Akademie, nachdem sie angeworben wurde, zu einer Führungskraft ausgebildet. Als Buchhalterin wird sie in die Kolonie Aurdwynn versetzt, die kurz vor einer Rebellion steht und muss sich plötzlich fragen, auf welcher Seite sie steht.

 

Seth Dickinson war ein neuer, frischer Autor, von dem ich zuvor noch nie etwas gehört hatte. Sein Stil wurde als provozierend und anders, ein neuer Wind in der Phantastik, angepriesen. Die Beschreibung erweckte die Neugier in mir. Schon lange vor dem Erscheinungstermin stand für mich fest, dass ich „Die Verräterin“ würde lesen müssen, um mir meine eigene Meinung zu bilden.

Vorn weg kann ich schicken, dass es wirklich ein besonderes Buch war, das provozierende Themen behandelte.

Die ersten Kapitel handeln von Barus Kindheit und erläutern die Verhältnisse auf Taranoke, die nicht immer konform mit denen des Imperiums sind. Aus diesem Grund war ich recht schnell drin in der Materie, mit der sich das Buch zu Beginn befasst, und mit der sich Baru befassen muss. Mit der Eroberung der abgelegenen Insel halten Worte wie Sodomie oder unhygienisches Verhalten in ihren Wortschatz Einzug. Sie lernt Verlust und Schmerz und Trauer kennen, und geht damit auf die einzige Art und Weise um, die  sie für sinnvoll hält. Sie lässt sich anwerben und will zu Macht gelangen, um etwas im Imperium zu verändern. Mit den getroffenen Entscheidungen im Buch konnte ich vollauf mitgehen. Auch die neugierige und sehr schlaue Baru war mir auf Anhieb sympathisch, genauso wie mir die strickten Regeln des Imperiums zu wieder waren. Vergeblich wartete ich jedoch, dass sich in mir irgendeine stärkere Emotion regte, wie es sonst bei guten Büchern der Fall ist.

Das Buch ist sehr klug geschrieben. Seth Dickinson hat einen fesselnden Stil, den er bis zum Ende hin durchhält und der zu faszinieren weis. Er webt die Intrigen in die Worte mit hinein, sodass ich manchmal erst im Nachhinein den tieferen Sinn des Satzes verstand. Der Stil sucht auf jeden Fall seines gleichen!

„Die Verräterin“ lebt von Intrigen, von dem Machtgefüge und dem verwobenen Geflecht von Versprechen und Betrug. Trotzdem habe ich lange nach dem Grund gesucht, aus dem mich das Buch nicht wirklich fesseln konnte. Ich denke, es hängt mit der Erzählebene zusammen, die Dickinson verwendet. Er erzählt und erklärt sehr viel, lässt Baru gedankliche Verrenkungen vollführen, sodass ihre Gedanken genau an den kritischen Punkt gesteuert werden, den der Autor treffen will. Es sind ernste, politisch und sozial gesehen erschreckend reale Probleme, die er anspricht, doch ich für meinen Teil konnte emotional nur manchmal wirklich mit Baru mitfühlen. Es waren kleine Inseln in einem Text aus sozialkritischen und rechtlichen Ausführungen, die mich faszinierten. Zum Beispiel die Gespräche mit Muire Lo, ihrem Sekretär, oder den abendlichen Ausflug mit Aminata, beides Charaktere, die ich sehr zu schätzen wusste, da sie für mich ein wenig Farbe in die Geschichte brachten.

 

Letztendlich bin ich zwie gespalten, was mein Urteil betrifft. „Die Verräterin“ hatte wahnsinnig gute Ansätze, die ich auch durchaus problematisch in der Realität nachvollziehen kann. Andererseits konnte mich persönlich das Buch kaum fesseln und emotional berühren, trotz der Grausamkeiten, die darin passierten.

Trotzdem empfehle ich es für jeden, der eine komplexe Story und politische Intrigen liebt.