Rezension

Tolle Atmosphäre, interessanter Ansatz – und konnte doch ganz nicht überzeugen.

Geheimnis in Weiß - J. Jefferson Farjeon

Geheimnis in Weiß
von J. Jefferson Farjeon

Bewertet mit 3 Sternen

»Eine schlimme Sache. Und sie wird uns unangenehm berühren. Aber die Tragödie im Zug ist nicht die einzige. O nein.« Er wandte den Blick auf das Bild überm Kamin. Die Gestalt aus Farbe schien der aus Fleisch und Blut zuzuhören. »Es gibt noch eine weitere Tragödie, und es könnte sein, dass diese uns noch unangenehmer berühren wird. Sehen Sie, das Grauen im Zug, wie groß es sich auch erweisen mag – bislang weiß ich nur wenig darüber -, wird gewiss nicht an das heranreichen, das hier existiert in diesem Haus.«

Am Heiligen Abend des Jahres 1937 bleibt der 11:37 Uhr ab Euston wegen starken Schneefalls auf freier Strecke liegen. Einige Fahrgäste beschließen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und verlassen den Zug, um sich zum nächsten Bahnhof durchzuschlagen. Aber der Schnee lässt auch ihnen keine Chance und mit letzter Kraft strandet die Gruppe an einem einsamen Landhaus. Obwohl die Tür offen steht, ein Feuer im Kamin brennt und das Teewasser kocht, ist niemand anwesend. Während die unfreiwillige Weihnachtsgesellschaft noch versucht, dieses Rätsel zu lösen, geschieht der erste Mord…

Dieses Buch, erschienen 1937 und nun erstmals auf Deutsch erhältlich, hatte mich gleich neugierig gemacht. Tatsächlich ist es eine interessante und geheimnisvolle Handlung, die hier aufgebaut wird. Das völlig eingeschneite, verlassene Landhaus bietet eine perfekte Kulisse, um zusammen mit diversen mysteriösen Vorkommnissen eine unheimliche Atmosphäre entstehen zu lassen. Reizvoll ist auch die Zusammensetzung der Gruppe, einige ihrer Zwangsteilnehmer sind charakterlich so grundverschieden, dass man sie normalerweise nie im gleichen Raum antreffen würde. Trotz gemeinsamen Schicksals sind Konflikte so unausweichlich!

Ein schöner Rahmen, sollte man meinen. Trotzdem war ich mit dem Buch nicht immer glücklich. Am Stil lag es nicht, der wirkt zwar – aus heutiger Sicht – ein wenig pompös, passt aber in die damalige Zeit. Nein, es war mehr die manchmal etwas unstrukturierte Handlung und vor allem einer der Hauptcharaktere, der hier auch noch die Rolle des „Chefermittlers“ übernommen hatte und mit dessen Art zu reden und sich auszudrücken ich überhaupt nicht klarkam. Der Mann schaffte es, dass ich eine (eigentlich spannende) Ausführung zur Frage „woher wussten Sie, dass…“ ermüdend fand.
Der Kriminalfall selbst war ganz ok, hat mich aber vom Einfallsreichtum her nicht vom Hocker gerissen.

Fazit: Tolle Atmosphäre und interessanter Ansatz. Die Umsetzung konnte mich aber nicht immer überzeugen. Ich denke, ich gebe dem Buch zu einem späteren Zeitpunkt noch mal eine 2. Chance.

»Na, jedenfalls gingen wir durch die Hölle, und es war Weihnachten, wenn also der eine oder andere ein bisschen komisch war, na, wer konnte ihm das verdenken?«