Rezension

Tolle Familiengeschichte!

Ein Rest von Liebe - Viola Alvarez

Ein Rest von Liebe
von Viola Alvarez

Bewertet mit 4 Sternen

Nachdem ich zuerst nur Band 1 gelesen hatte, habe ich am Wochenende das ganze Buch gelesen und wie ich es vermutet hatte, war es toll und hat sich gelohnt!

Das Buch beginnt im Jahr 2009 mit Louisa Schellack. Sie ist Mutter von zwei kleinen Kindern und meistert täglich den Spagat zwischen Karriere und Familie. In ihrer Ehe kriselt es, der Alltag hat jegliche Romantik zerstört. Louisa versucht in ihrem Leben alles perfekt zu machen und dabei immer schön lieb und brav zu sein. Sie wurde von ihrer Oma Henni großgezogen und sowohl Louisa als auch ihre Mutter wuchsen ohne Vater auf. Als Louisa ein besonderes Jobangebot bekommt, soll als Voraussetzung für die Einstellung ihre Vergangenheit und die ihrer Familie durchleuchtet werden. Um offene Fragen zu klären, besucht sie Oma Hennis Schwester, Tante Hilde.

Dann kommt der Zeitsprung ins Jahr 1920. Es wird die Geschichte von Oma Henni und Tante Hilde erzählt, angefangen bei Hennis Geburt. Man erfährt, wie die Mädchen darunter gelitten haben, dass von den Eltern ein männlicher Stammhalter erwünscht ist. Das vierte Kind erfüllt dies, aber die bereits entstandene Kluft innerhalb der Familie wird nicht überwunden. Nach Hitlers Machtergreifung wird diese Kluft noch größer, denn wenn der Sohn nicht davor zurückschreckt, den eigenen Vater anzuzeigen - wem soll man dann noch trauen. Wir erfahren wie Henni in Hamburg die Kriegsjahre überlebt hat und was sie zurück nach Wesel geführt hat. Wir lernen Louisas Mutter und auch ihren Vater kennen. Am Ende von Tante Hildes Erzählungen ist Louisa gewappnet, Entscheidungen für ihr Leben zu treffen.

Ich habe das Buch regelrecht verschlungen, bin eingetaucht in die Familiengeschichte, hab mitgefiebert und mitgefühlt bei dem Leid, den Schwierigkeiten, der Armut, aber auch bei ihren Hoffnungen und Träumen. Frau Alvarez hat es geschafft, für mich die Personen zum Leben zu erwecken, allen voran Henni. Es ist ein Buch, das für mich nach der letzten Seite noch nicht zu Ende ist, über das ich weiter nachdenke, die Personen aus der Geschichte mich immer noch begleiten.

Für mich persönlich war es zudem etwas besonderes, eine Geschichte vom Niederrhein zu lesen, mit der vertrauten Sprache und dem Menschenschlag. Wesel selbst kenne ich zwar nicht, aber bei einem zukünftigen Besuch, wäre die Familie Schellack mit mir dabei.

Das einzige, worüber ich mir immer noch unschlüssig bin ist folgendes: das Buch beginnt mit Louisa, dann folgt der Zeitsprung ins Jahr 1920 und wir erleben Hennis Lebensgeschichte. Klar, dass es dauert, diese zu erzählen, aber man kann darüber leicht Louisa vergessen. Zum Ende hin, wenn Louisa wieder mehr eingewoben wird, das hat mir besser gefallen. Ich weiß aber nicht, ob es die Geschichte nicht gestört oder unnötig verlängert hätte, wenn Louisa zwischendrin öfter aufgetaucht wäre, um ihre Gedanken und Gefühle zum Gehörten zu erfahren und wie sie dies auf ihr Leben und ihre Entwicklung bezieht.

Der Hintergrund des Buchtitels wird gegen Ende übrigens auch noch gelüftet. Ich hatte vermutet, er würde sich auf Louisa und Mark beziehen, damit habe ich allerdings falsch gelegen.