Rezension

Toller Auftakt, der hungrig auf mehr macht!

Die Königschroniken: Ein Reif von Eisen
von Stephan M. Rother

Im Kaiserreich der Esche herrschen unruhige und düstere Zeiten. Eine Hand voll junger Menschen versuchen das Land aus der Dunkelheit zu führen und sind sich ihren einzelnen Rollen noch nicht in voller Gänze bewusst. Der Stammesfürst Morwa grübelt, welchem seiner Söhne er den Reif des Anführers anvertrauen soll? Und dann ist da noch Sölva, Morwas Tochter - Leyken, die ihre Schwester sucht und Pol, ein junger Dieb ...

 

Zunächst sei einmal angemerkt, dass der Rückentext meiner Meinung nach viel zu viel verrät. Nehmt das Buch zur Hand, lest es an, und wenn euch der Schreibstil zusagt, dann inhaliert es. Der Info-Text nimmt einen großen Teil der Spannung vorweg. Aber das nur am Rande. Als ich das Buch aufschlug wurde ich zunächst mal von einer schönen, informativen Karte begrüßt (ich liebe Karten! Ich bin von der Fraktion, die sie immer mal wieder aufschlägt um zu sehen, wo sich die Protagonisten eigentlich zur Zeit herumtreiben). Dann fiel mir die lose Karte in die Hand, auf der sich eine Art Stammtafel befindet. Gemeinsam mit dem Glossar ist „Ein Reif von Eisen“ schon mal perfekt ausgestattet für eine hoffentlich lange gemeinsame Reise.

 

Ich wurde direkt von Sölva begrüßt, deren Erlebnisse und deren Kampf gegen den Hunger mich mitnahmen ins Kaiserreich. Das Setting war so schonungslos und kraftvoll beschrieben, dass ich gar nicht mitbekam, wie die Seiten verflogen. Ergo fand ich gut in das Buch hinein - wenn mich ein Charakter an der Hand nimmt, bin ich generell schnell im Roman drin. Was mir aufgefallen ist, ist der Schreibstil. Er ist sicher nicht jedermanns Sache. Doch ich mochte den Stil sehr. Wenn sich z.B. Sölva mit ihrer Freundin unterhielt oder Pol sich versteckte, ratterten bei mir die grauen Zellen, da ich immer das Gefühl hatte, eine Ebene höher geschieht noch etwas, das der Autor nur andeutet und das später noch einmal von Bedeutung sein wird. Ich habe also ein bisschen zwischen den Zeilen gelesen, doch diese Notwendigkeit war auf keinen Fall störend oder unterbrach den Lesefluss. Im Gegenteil - das wertete das Buch für mich noch ein bisschen auf.

Über meinen Lieblingscharakter muss ich etwas länger grübeln. Generell wird die Geschichte aus  verschiedenen PoVs erzählt, was das ganze zu einem wirklich komplexen Gesamtwerk zusammenwachsen lässt. Und jeder Charakter hat etwas an sich, das ihn im Gedächtnis haften lässt. Da wäre zuerst mal Leyken, deren Suche nach ihrer Schwester gewaltig schief geht und die sich plötzlich im Intrigengeflecht der kaiserlichen Rabenstadt wieder. Pol, ein junger Dieb hatte mein Herz im Sturm erobert und Sölva hatte Führungsqualitäten, die ich ihr nicht zugetraut hätte zu Beginn der Reise. Um ehrlich zu sein hatte jeder Charakter etwas für sich und mal lag Pol vor, dann hat mich Sölva überrascht und dann war Leyken so entschlossen, dass ich ganz perplex war. Nur eines hat mir in diesem Buch gefehlt. Die einzelnen Handlungsstränge wuchsen leider noch nicht zusammen und so ließ mich das Buch ein bisschen unzufrieden und hibbelig auf Band zwei zurück. Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass der Autor zuerst mal seine Schachfiguren in Position bringt und in die richtige emotionale Lage versetzt, um die Geschichte wirklich beginnen zu lassen. Ich hätte mir vielleicht noch hundert oder zweihundert Seiten mehr gewünscht!

Was ich im Gegensatz großartig fand, war die Art, wie es Stephan M. Rother fertig gebracht hat, meine Ansicht über verschiedene Charaktergruppen zu wandeln. Im ersten Moment hielt ich sie noch für Monster, dann kam ein Gespräch und ich verstand plötzlich die Emotion oder das Pflichtgefühl dahinter. Im Endeffekt habe ich über mich selbst gestaunt, da ich normalerweise nicht der Typ bin, der seine Zuneigung so wankelmütig verteilt.

 

Fazit? Ich hibbele auf den nächsten Band. Wer Charaktere zum Mitfiebern sucht und eine tolle Welt mit vielen fantastischen Elementen, dem lege ich „Die Königchroniken“ wärmstens ans Herz. Ich vergebe trotzdem vier glitzernde Sterne, weil mir das Zusammengehörigkeitsgefühl der Plotstränge noch ein bisschen fehlt. Ich hoffe auf den nächsten Teil!