Rezension

Toller Hamburg Krimi mit Tiefgang

Blaue Nacht - Simone Buchholz

Blaue Nacht
von Simone Buchholz

Bewertet mit 4 Sternen

 

Die Hamburger Staatsanwältin Chastity Riley (der Name ist etwas gewöhnungsbedürftig) hat sich durch interne Ermittlungen nicht grade beliebt gemacht. Das wirkt sich auch auf ihre bisher makellose Karriere aus, sie wurde zur Opferanwältin „befördert“ und aus den aktuellen Ermittlungen ausgeschlossen. Ihr neuester Klient ist ein Opfer, das mit fast keinem heilen Knochen im Leib in der Klinik liegt. Sie soll in bewachen und im besten Fall zum sprechen bringen.
Es ist die Ironie des Schicksals, das ausgerechnet dieser Mann Riley auf die Spur einer lang gesuchten und aalglatten Kiezgröße führt, den die Kollegen schon lange vergebens jagen.
Ich kannte die Reihe um Chastity Riley bisher nicht, aber die kurzen Rückblenden und aus den Dialogen der Personen kann man genug erfahren um nahtlos in das Geschehen einzusteigen. Chastity fällt nicht nur durch ihren Namen aus der Reihe, es ist ihre ganz eigene Art zu ermitteln. Schnoddrig, sozusagen Herz mit Schnauze, kann sie sich immer auf ihren großen Freundeskreis verlassen, der bis ins Milieu reicht, in dem sie genauso zu Hause ist, wie auf den Gerichtsfluren. Dieser Stil war anfangs für mich etwas gewöhnungsbedürftig - kurze knappe Sätze, Dialoge wie aus der Pistole geschossen - aber das alles passt zu ihr. Sie ist eine starke, taffe Frau, hat aber auch eine emotionale und verletzliche Seite, ist immer menschlich und mitfühlend, das hat mich schnell für sie eingenommen.
Wenn man den Hamburger Kiez kennt, diese Szene mag, kann man in diesen besonderen Krimi richtig eintauchen, die Atmosphäre ist toll getroffen, ohne in Sozialkitsch abzudriften. Auch die Mischung aus Verletzlichkeit und Härte machen Chastity real.
Ein wirklich spannender Krimi, der tiefer geht, gesellschaftliche Schwachstellen einbezieht und von der ersten Seite an bestens und niveauvoll unterhält.