Rezension

Toller Schreibstil, interessante Charaktere, stellenweise langatmig.

Nothing Like Us - Kim Nina Ocker

Nothing Like Us
von Kim Nina Ocker

Worum geht es? »Manchmal passen zwei Menschen gut zusammen, ihre Leben aber nicht.« Als Lena Winter von Deutschland nach New York zieht, hat sie nichts anderes im Sinn, als ihrem Traum, Patissière zu werden, einen Schritt näherzukommen. Dafür beginnt sie ein Praktikum in der Küche des WEST Hotel & Residences – einem angesehenen 5-Sterne-Hotel. Das, was sie jedoch zunächst dort erwartet, ist ganz und gar nicht das, was sie sich eigentlich vorgestellt hat: Statt in der Küche etwas zu lernen, muss sie Wäschekammern aufräumen oder im Garten helfen. Verständlich, dass ihre Begeisterung sich diesbezüglich in Grenzen hält. Als sie dann auch noch einen vermeintlich faulen Praktikanten zur Seite gestellt bekommt, lässt sie ihre Unzufriedenheit kurzerhand an ihm aus und verdonnert ihn mit ihr zum Aufräumen einer Wäschekammer. Bei besagtem Praktikanten handelt es sich jedoch um niemand geringeren als Sander West, dem unehelichen Sohn des Hotelbesitzers und Erben des Hotels. Zum Glück für sie findet Sander ihre Art und ihren Umgang mit ihm erfrischend, sodass er das Missverständnis nicht aufklärt und stattdessen sogar mitspielt. Womit er einiges ins Rollen bringt…

Meine Meinung

Dieses Buch spielt ein wenig mit Klischees. Einige Klischees werden bedient, andere könnte man erwarten, auf die jedoch zur „Überraschung“ des Lesers verzichtet wird. Beispielsweise hatte ich schon fest damit gerechnet, eine der typischen „Flughafen-Szenen“ vorzufinden und bereits die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, aber – Gott sei Dank – waren meine Befürchtungen diesbezüglich unbegründet.

»Ich habe mehr Träume, als die Realität zerstören kann.«

Der Schreibstil liest sich sehr angenehm und war mit das Beste an dem gesamten Buch. Die Unterhaltungen der Charaktere kamen mir nicht holprig vor und die Witze kamen größtenteils auch bei mir an (Julio hat mich wirklich fertiggemacht - ich weiß gar nicht, ob das so als Witz gedacht war...). Da ich den Perspektivenwechsel zwischen weiblichem und männlichem Protagonisten liebe, war ich hier positiv überrascht, dass man stellenweise auch aus Sanders Sicht lesen kann. Leider kommen diese Passagen nicht allzu oft vor, sodass ich mir hier gewünscht hätte, dass die Kapitel abwechselnd aus der Sicht von Sander und Lena geschrieben wären.

»Die Welt mochte nicht voll von Arschlöchern sein, doch sie waren strategisch so ungünstig platziert, dass ich garantiert jeden Tag einem von ihnen begegnete.«

Sander und Lena waren mir eigentlich sehr sympathisch, haben beide aber ein oder zwei Kritikpunkte, die mich mehr oder weniger gestört haben.
Im Prinzip ist Lena eine Protagonistin ganz nach meinem Geschmack. Sie ist tough, nicht auf den Mund gefallen und sabbert dem männlichen Gegenpart nicht hirnlos hinterher. Klar, sie schmachtet vielleicht hier und da ein wenig, aber ohne sämtliche Gehirnzellen dafür einzubüßen oder Sander dies deutlich spüren zu lassen. Mir hat es gut gefallen, dass sie im Gegensatz zu Sander auf eigenen Beinen stehen will und für ihren Traum kämpft, auch, wenn sogar Sander sich ein wenig darüber lustig macht. Sie hat sich da bis zum Ende nicht reinreden lassen. Je mehr es sich jedoch besagtem Ende nähert, desto mehr habe ich an ihr auszusetzen. Zum einen behauptet sie, dass sie eigentlich nicht nah am Wasser gebaut wäre, legt jedoch im letzten Drittel einige Heulorgien hin, die mich an dieser Behauptung deutlich haben zweifeln lassen – so begründet diese Gefühlsausbrüche auch sein mögen. Zum anderen hat sie sich am Ende zwar nicht in ihren Traum reinreden lassen, jedoch in eine andere ihrer Entscheidungen, die ich absolut nachvollziehen konnte. Und doch kam auf einmal bei ihr dieser Sinneswandel. Das hat für mich ihren Charakter ein wenig zerstört – oder besser gesagt: Es war einfach nicht stimmig. Mag ja sein, dass man hin und wieder auch mal schwach werden darf, aber Lena hatte ich bisher immer als eine Person gesehen, die zu ihren Entscheidungen steht, wenn sie sie für richtig hält – und auch diese Entscheidung hatte sie auf zahlreichen Seiten davor mehrfach verteidigt und als richtig bekräftigt – und dann kam dieser Sinneswandel…

»Ein echter Mann bringt dich zum Lachen, zum Weinen, um den Verstand und nach Hause.«

Sander war im Großen und Ganzen ein Traum. Ich bin mir sicher, wir wünschen uns irgendwie alle einen Sander. Er ist kein arroganter, unnahbarer Bad Boy, der an jedem Finger eine andere hat, sondern ein vielleicht hin und wieder etwas überheblicher, lieber Kerl, der eben wegen seines Geheimnisses Lena gegenüber etwas geheimnistuerisch tut, um nicht aufzufliegen. Lena hat hier jedoch nichts an seinem Charakter umzukrempeln (höchstens ein wenig an seinem Leben und seiner Einstellung Träumen gegenüber…). Was mich bei ihm jedoch gestört hat, war diese krasse Eifersucht. Ein ganz klein wenig hatte es mich an „Beautiful Disaster“ erinnert, das ich wegen besagter Eifersucht einfach nicht mehr weiterlesen konnte – es wurde mir schlichtweg zu krass! Ein klein wenig Eifersucht ist ja schön und gut und von mir, wenn passend, immer erwünscht, aber bitte in gesundem Maße und nicht, wenn das Mädel nur mal mit einem anderen Kerl redet. Hier war es mir schon etwas zu viel des Guten, aber nicht so, dass ich das Buch deswegen abgebrochen hätte.

Nebencharaktere gibt es einige, diese lernt man jedoch nur sehr oberflächlich kennen, was sich hoffentlich mit ein paar Folgebänden ändern wird. Highlights waren hier für mich Lexie, Kaito, Oscar und Carla, die mich alle ausnahmslos überrascht haben. Sie wurden alle zu überraschenden Verbündeten Lenas, was man durch ihre erste Beschreibung zunächst gar nicht erwartet hätte. Sie haben ebenfalls dazu beigetragen, dass ich beim Lesen viel Spaß hatte, weil sie alle für sich auf ihre Weise interessant und unterhaltsam waren.

»Die Realität ist was für Menschen, die Angst vorm Träumen haben.«

Die Story hat mir eigentlich sehr gut gefallen, war mir stellenweise jedoch etwas zu lang. Man hätte mit deutlich weniger Seiten auf den Punkt kommen können, sodass ich mich manchmal ein ganz klein wenig gelangweilt habe.

MINISPOILER
Anfangs, als Sander Lena dauernd abgewiesen hat – immer und immer wieder! –, obwohl er ihr mehr als offensichtliche Signale gesendet hat, war ich sogar etwas genervt. Ich hätte ihn am liebsten geschüttelt und gefragt, warum er Lena nicht endlich die Wahrheit sagt oder sie zumindest mal nicht dauernd vor den Kopf stößt! Das war für mich wirklich frustrierend.
MINISPOILER ENDE

Auch zwischendrin gab es die ein oder andere Stelle, die ich am liebsten vorgespult hätte, insgesamt jedoch habe ich mich durch die Story gut unterhalten gefühlt, da sich die Autorin definitiv auch neuer Ideen bedient hat. Das Ende hat es für mich wirklich rausgerissen, gerade, weil es eben nicht mit besagter „Flughafen-Szene“, sondern auf sehr süße und einfallsreiche Art geendet hat. Das war definitiv ein Highlight des Buches.

Fazit

Insgesamt kann ich das Buch für zwischendrin empfehlen, muss jedoch sagen, dass ich in dem Genre schon Besseres gelesen habe. Von mir gibt es 3,5 Sterne wegen des tollen Schreibstils und der interessanten Charaktere.