Rezension

tolles Buch

Und Marx stand still in Darwins Garten - Ilona Jerger

Und Marx stand still in Darwins Garten
von Ilona Jerger

Bewertet mit 4.5 Sternen

Marx trifft Darwin, das Thema hat mich neugierig gemacht. 
Beide Personen zählen sicher zu bedeutendsten Männer des 19. Jahrhunderts und sind an sich schon sehr spannende Gestalten. 
Die Autorin Ilona Jerger hat ein sehr gut recherchiertes Buch geschrieben. 
Um das Leben der beiden alten Männer hat sie dann eine fantastische Geschichte gewoben, bei der sich der Leser gut vorstellen, dass sie sich so zugetragen haben könnte. 
Den Kontakt zwischen den beiden Protagonisten vermittelt deren Hausarzt, den Jerger erfunden hat. Neben den fiktiven Gestalten Marx und Darwin ist er eine der interessantesten Figuren im Roman. Selbst ein sehr neugieriger Mensch, klug und interessiert an neuen Erkenntnissen der damaligen Naturwissenschaften, wendet er schon zur damaligen Zeit Prinzipien der heutig geltende Medizin an - so wie Gesprächspsychologie, Homöopathie, Naturheilkunde etc. 
Die Darstellung von Darwin als einer der Hauptprotagonisten, ist sehr originell und sympathisch. Ich glaube, die Autorin mochte ihn sehr, da sie ihn auch mit ausgeprägter Fürsorglichkeit beschreibt. Mit Marx ist sie schon deutlich gröber. 
Und ein Kompliment bekommt die Autorin von mir für ihre Darstellung ihrer Frauengestalten wie Emma Darwin oder Lenchen, das Hausmädchen von Marx. Beides sind starke Frauen, die sich verantwortungsvoll und liebevoll ihrer Aufgabe widmen, ohne sich in den berühmten Männern zu verlieren. 

Der Hauptteil des Buches besteht einerseits aus den sehr informativen Erlebnisse und Lebenserfahrungen der beiden Männer, aber auch aus philosophischen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Gesprächen und Gedanken. Wobei ein Thema immer größeren Raum einnimmt, nämlich die Frage, ob es Gott, den Glauben und die Religion gibt oder nicht. Was beide Männer in ihren Werken verneinen, ihre Umgebung aber erzürnt oder sogar verzweifeln lässt, wie Emma oder Lenchen. 
Wie die Autorin mit dieser Frage umgeht, ist mein einziger Kritikpunkt an ihrem Buch.Der Konflikt zwischen Kirche und Wissenschaft mag im 19.Jahrhundert ein drängendes Problem gewesen sein, heute aber nicht. Und da sich die Autorin zu diesem Thema auch zu sehr in Details vertieft, machen manche Seiten Mühe sie konzentriert zu lesen. 

Die Sprache der Autorin ist klar, aber auch ein wenig beeinflusst vom Schreibstil des 19. Jahrhunderts. Gottseidank hat sie es vermieden, die blumenreiche Attitüden des damaligen Sprachstils zu übernehmen. So konnte der Leser eine moderne, klare mit ein bisschen 19. Jahrhundert durchsetzten Schreibstil genießen. Das machte Spaß zu lesen. 

Ich möchte dieses Buch gerne weiter an alle Leser, die ein Interesse an historischen Gestalten und gute Bücher lieben, empfehlen. Es lohnt sich. 

Die Autorin erhält von mir 4,5 von 5 Sternen.